Der Deutsche Bundestag hat eine Wahlrechtsreform beschlossen.
Die Reform setzt an drei Stellschrauben an:
1.
Bis zu drei Überhangmandate werden ausgleichslos bleiben.
2.
Überhangmandate werden künftig teilweise mit Listenmandaten in anderen Ländern verrechnet.
3.
Die Anzahl der Wahlkreise wird von derzeit 299 auf 280 reduziert. Die Anzahl der Listenplätze von 299 bleibt bestehen, sodass der Bundestag dann eine Soll-Größe von 579 Sitzen hat.
Ein Anwachsen der Größe des Deutschen Bundestages wird so verhindert. Danach wären mit dem Wahlergebnis von 2017 sechzig Abgeordnete weniger, also statt 709 nur 649 Abgeordnete im Deutschen Bundestag vertreten.
Die Wahlreform wird in zwei Stufen vollzogen. Zunächst werden bei der Bundestagswahl 2021 Überhangmandate teilweise mit Listenmandaten in anderen Ländern verrechnet und bis zu drei Überhangmandate ausgleichslos bleiben.
Zur Bundestagswahl 2025 wird dann die Anzahl der Wahlkreise von 299 auf 280 reduziert.
Zu Punkt 1.:
Ausgleichslose Überhangmandate sind ein weiteres wirksames Mittel, um den Ausgleichsbedarf zu reduzieren. Das ist auch verfassungsgemäß: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 25. Juli 2012 ausdrücklich festgestellt, dass die mit der ausgleichslosen Zuteilung von Überhangmandaten verbundene Differenzierung des Erfolgswertes – also eine Beeinflussung der proportionalen Sitzverteilung auf der Grundlage des Ergebnisses der Zweitstimmen – durch das besondere Anliegen einer mit der Personenwahl verbundenen Verhältniswahl gerechtfertigt werden kann. Das Bundesverfassungsgericht sieht selbst bei ausgleichslosen Überhangmandaten im Umfang einer halben Fraktionsstärke keine Verzerrung des Zweitstimmenproporzes, sondern lediglich eine durch die Bedeutung der Direktmandate zu rechtfertigende Beeinträchtigung.
Zu Punkt 2.:
Darüber hinaus wird der sogenannte „erste Zuteilungsschritt“, der die Mindestsitzkontingente in den Ländern garantiert, modifiziert und damit eine teilweise Verrechnung von Überhangmandaten einer Partei mit Listenmandaten dieser Partei in anderen Ländern ermöglicht. Auch das reduziert den Ausgleichsbedarf. Da diese faktische Verrechnung nur teilweise erfolgen soll, wird ein „Leerlaufen“ ganzer Landeslisten ausgeschlossen und damit eine föderal ausgewogene Verteilung auch innerhalb der Parteien noch gewahrt.
Eine vollständige Abschaffung garantierter Mindestsitzkontingente kam auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Denn der „erste Zuteilungsschritt“ wurde als Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eingeführt, um das Entstehen von negativem Stimmgewicht – also, dass eine Partei trotz mehr Stimmen weniger Sitze oder trotz weniger Stimmen mehr Sitze erhält – zu verhindern.
Zu Punkt 3.:
Durch die Verringerung der Anzahl der Wahlkreise wird auch die Anzahl der Überhangmandate reduziert. Denn weniger Überhangmandate reduzieren den Ausgleichsbedarf zugunsten anderer Parteien. Durch die von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vorgeschlagene moderate Reduzierung der Wahlkreise von 299 Wahlkreisen auf 280 Wahlkreise bleibt die für die demokratische Willensbildung notwendige Nähe der Wählerinnen und Wähler zu ihrem direkt gewählten Vertreter erhalten. Diese Verbindung und die Repräsentanz durch die unmittelbar im Wahlkreis gewählten Abgeordneten ist mir besonders wichtig.
Der Unionsfraktion ist die Entscheidung für eine Wahlkreisreduzierung nicht leichtgefallen, da unsere überwiegend direkt gewählten Mitglieder fest vor Ort verankert sind und größere Wahlkreise den Austausch vor Ort mit den Bürgerinnen und Bürgern erschweren.
Fazit:
Die drei Stellschrauben der Wahlrechtsreform ergänzen sich gegenseitig in ihrer Wirkung. Die Reform des Wahlrechts ist ausgewogen und wirksam – ohne das bewährte System der personalisierten Verhältniswahl insgesamt zur Disposition zu stellen. Die Unionsfraktionen haben sich nach beharrlichen Verhandlungen mit dem Koalitionspartner – und auch intensiven internen Diskussionen – auf dieses ausgewogene, gestufte Kompromissmodell geeinigt.