23Heinsberger Zeitung vom 23.01.2023, Text und Bild: Anna-Petra Thomas
Der frühere Bundestagsabgeordnete hält beim politischen Frühstück des CDU-Kreisverbands seine Zuhörer in Spannung. Von Lützerath bis zur Ukraine.
GANGELT Seit 2017 schon gehört er dem Deutschen Bundestag nicht mehr an. Dennoch ist Wolfgang Bosbach der Vollblutpolitiker mit klarer Meinung geblieben. Das erlebten auch die Gäste beim zweiten politischen Frühstück des CDU-Kreisverbands im voll besetzten Saal des Mercator-Hotels in Gangelt. Hier ging Bosbach mit umfassenden Detailwissen und amüsant gespickt mit ganz persönlichen Anekdoten auf aktuelle Themen ein. Dazu gehörten der Polizeieinsatz in Lützerath ebenso wie die Energiekrise, der Ukrainekrieg oder innenpolitisch ein Blick auf die aktuellen Herausforderungen für Wirtschafts-, Sozial- und Bildungspolitik.
„Er zeigt kritische Themen auf“
Nach dem erfolgreichen Neustart dieses Rede- und Gesprächsformats mit dem Bundestagsmitglied Roderich Kiesewetter in Geilenkirchen sei der Name Bosbach sehr schnell gefallen, erklärte Vorstandsmitglied Christoph Kaminiski. Er begrüßte in Vertretung des erkrankten Kreisvorsitzenden Bernd Krückel den 70-Jährigen, der trotz widriger Wetterbedingungen pünktlich selbst mit seinem Auto aus Bergisch-Gladbach angereist war. „Dat haben Se schön jesacht“, lobte Bosbach Kaminskis Einführung. Bosbach habe bis heute immer klare Worte gefunden, hatte dieser gesagt. „Er kann Themen klar benennen, wie es unsere Abgeordneten auch können. Und er kann Themen aufzeigen, die kritisch sind.“
So startete Bosbach gleich mit dem Thema Lützerath. Wichtig für die Polizei seien eine angemessene Ausstattung, eine moderne Technik und ein ausreichendes rechtliches Instrumentarium, betonte er, fügte jedoch unter großem Applaus noch einen ihm aktuell sehr wichtig erscheinenden Punkt hinzu: „Wenn es zu Auseinandersetzungen kommt, dann fallen wir der Polizei nicht in den Rücken, sondern dann stärken wir unsere Polizei.“
Mit Blick auf die Ursachen der aktuellen Energiekrise ging Bosbach zurück bis zur Ölkrise im Jahr 1973. In deren Folge seien damals zum ersten Mal Pipelines Richtung Osten gebaut worden. Heute gehe es wieder in die andere Richtung, stellte er einen aktuell raschen Politikwechsel fest und sah diesen auch in anderen Bereichen. „Wenn wir vor einem Jahr mehr Geld für die Bundeswehr gefordert hätten, dann wären wir in der Luft zerrissen worden“, sprach er den anwesenden Bundestagsabgeordneten Wilfried Oellers direkt an.
Zur Vorgeschichte des aktuellen Ukrainekrieges ging Bosbach zurück bis zur Zeit Wladimir Putins als KGB-Offizier in Dresden 1985 bis 1989. Schon bald darauf habe der heutige russische Präsident den Zerfall der Sowjetunion für sich als die größte geopolitische Katastrophe der Nachkriegszeit identifiziert.
Bei der Entwicklung der Ukraine zu einem unabhängigen Staat ab 1991 habe sich in keinem Bezirk eine Mehrheit für Russland gefunden. So sei die Ukraine ein souveräner Staat geworden, habe später im Rahmen des Budapester Memorandums ihre mehr als 2000 Atomsprengköpfe an Russland zurückgegeben. Für Putin aber hätten die Ukraine und Belarus auch weiterhin zum russischen Kernreich gehört. Das versuche er nun, mit Waffengewalt zu „korrigieren“.
Viel zu lange Planungszeiten
Im anschließenden Frage-Antwort-Teil der Veranstaltung bezog Bosbach auch klar Stellung zu einem möglich Nato- und EU-Beitritt der Ukraine. Seine Skepsis verband er mit einer klaren Absage an „Rabatt“ für Korruption und Geldwäsche in jedem Land. „Für alle müssen die Kriterien gleich sein.“
Seinem Blick auf die Innenpolitik schickte Bosbach sein Resümee quasi vorweg: „Es ist nur ein Gefühl, kein Beweis, dass wir in Deutschland den Zusammenhang verloren haben zwischen wirtschaftlicher und sozialer Leistungsfähigkeit“, erklärte er. Auch ein Staat könne nur ausgeben, was er zuvor erwirtschaftet habe. Deutschland müsse seine Stabilität behalten, um die Aufgaben der Zukunft zu bewältigen.
Diese sah Bosbach für die Sanierung der Infrastruktur mit derzeit viel zu langen Planungszeiten, für die Entwicklung des Sozialsystems in Bezug auf die Stichworte Pflege und Rente oder für das Thema Bildung. „Wichtig ist die Investition in die Köpfe unserer Kinder“, betonte der Politiker. „Das ist die einzige Chance, sich in dieser Welt ökonomisch zu behaupten.“