Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b:
a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung – Bericht zum Stand und zu den Ergebnissen der Maßnahmen nach Artikel 25 Absatz 2 bis 4 des Bundesteilhabegesetzes Drucksache 19/16470
b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung – Bericht zum Stand und zu den Ergebnissen der Maßnahmen nach Artikel 25 Absatz 2 bis 4 des Bundesteilhabegesetzes Drucksache 19/6929
Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Abgeordnete Wilfried Oellers für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wilfried Oellers (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf den Zuschauertribünen! Wir behandeln heute den ersten Bericht zum Bundesteilhabegesetz nach Artikel 25 des Bundesteilhabegesetzes. Wir haben seinerzeit sehr bewusst im Gesetz aufgenommen, dass wir das Gesetz regelmäßig evaluieren wollen. Sehr geehrter Herr Witt, das ist keine Verschwendung von Steuergeldern; dem will ich ganz deutlich widersprechen. Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers, ein Gesetz, dessen Entstehungsprozess in der letzten Legislaturperiode über mehrere Jahre andauerte – das war kein Gesetz, das wir in einem Jahr beschlossen haben –, dem ein umfangreicher Teilhabeprozess, in dem alle Verbände berücksichtigt worden sind, vorgeschaltet war, zu evaluieren. Wir haben in diesem Prozess den Gesetzentwurf der Ministerin nicht eins zu eins übernommen, sondern haben aus dem Parlament heraus etwa 100 Änderungsanträge hineingearbeitet. Sie können das natürlich nicht wissen, weil Sie in der letzten Legislaturperiode noch nicht dabei waren.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Wenn sie dabei gewesen wären, wüssten sie es auch nicht! – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das verstehen die einfach nicht! Sie wollen es nicht!)
Man hätte sich das aber vielleicht mal anlesen können. Wenn Sie aber davon sprechen, dass das hier eine Verschwendung von Steuergeldern sei, muss ich ganz deutlich widersprechen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Warum? Ich widerspreche, weil das ein so komplexes Gesetzgebungsverfahren war. Wir merken auch jetzt in der Umsetzung, dass das nicht alles reibungslos verläuft.
Es gibt Dinge, die nicht gut laufen, bei denen wir noch besser werden müssen; das alles will ich nicht beschönigen. Aber die Evaluation soll uns ja vor Augen führen,
wo wir noch ansetzen müssen. – Herr Beeck, ich weiß, worauf Sie gleich hinauswollen. Ich sehe Sie schon schmunzeln. Es ist ja trotzdem wichtig, dass wir uns als
Gesetzgeber der Sache nicht verschließen. Wir haben damals deutlich gesagt: Das ist ein erster großer Schritt, den wir gehen; es müssen weitere folgen. –
Diese weiteren Schritte sind gefolgt; ich gehe darauf gleich ein. Die Komplexität des Gesetzes und der föderalen Struktur, die Einbindung der Länder und der Kommunen, gebietet es, regelmäßig darauf zu schauen. An dem Bericht, für den ich mich sehr herzlich bedanke beim BMAS, Herr Minister und Frau Staatssekretärin, ist das,
finde ich, gut zu sehen. Ja, es ist ein erster Zwischenbericht. Ja, bei einigen Themen müssen wir abwarten, wie sie sich jeweils weiterentwickeln. Aber wir wissen zum Beispiel, dass den Wünschen, die im Zusammenhang mit dem Wunsch- und Wahlrecht, das ja auch in dem ganzen Gesetzgebungsverfahren damals ein großes Thema war, geäußert werden, laut dem Bericht nahezu vollständig entsprochen wird und dass wir den Rahmen von existenzsichernden Leistungen wie bei den Kosten der Unterkunft die 125-Prozent-Grenze in einem sehr überschaubaren Maß überschreiten oder dass wir gerade auch bei dem Stichwort „Neuregelung der Einkommens- und Vermögensanrechnung“ wirklich finanzielle Verbesserungen für die Menschen mit einer Beeinträchtigung erzielen konnten. Das sind doch Erfolge, die dieser Bericht zunächst einmal belegt, und das sollte man an dieser Stelle positiv herausheben. Es gibt bei der jetzt eingeführten Trennung von Fachleistungen und Eingliederungshilfen – ich weiß, dass Sie, Herr Beeck und Frau Rüffer, darauf gleich eingehen werden –
(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Ein richtiger Hellseher, der Kollege Oellers!)
natürlich noch Umsetzungsschwierigkeiten. Das müssen wir uns ganz genau anschauen. Ein großes Problem, das wir uns wirklich zeitnah anschauen müssen, ist, dass die
Vertreterinnen und Vertreter im Betreuungswesen natürlich gerade vor ganz besondere Herausforderungen gestellt werden, und es darf letztlich nicht sein, dass uns diese wegbrechen.
Darüber hinaus ist es natürlich auch wichtig, dass wir alle weiteren Dinge berücksichtigen, die wir in dieser Legislaturperiode im Rahmen von Weiterentwicklungsgesetzen schon auf den Weg gebracht haben. Ich nenne hier als Beispiel die besondere Situation der Jugendlichen in den Wohngruppen, wo wir statt der starren 18-Jahres Grenze ein System geschaffen haben, das wir fließend gestalten können. Ich nenne als weiteres Beispiel – das nur als Ankündigung –, dass wir uns die Definition der leistungsberechtigten Personenkreise in § 99 SGB IX noch mal anschauen wollen, aber auch den Punkt, dass wir über das Budget für Arbeit hinaus das Budget für Ausbildung eingeführt haben. Das sind doch Dinge, von denen ich sagen muss: Man sieht, dass wir da als Gesetzgeber und als Regierungskoalition an dem Thema dran sind und weiterhin am Ball bleiben. Ziel muss es im Ergebnis sein, dass das Bundesteilhabegesetz mehr Teilhabe und Selbstbestimmung für die Menschen mit einer Behinderung ermöglicht, und in diesem Prozess werden wir Schritt für Schritt weitergehen.
Es gibt sicherlich noch viele Themen, die wir anpacken müssen, noch viele Themen, die wir genauer beobachten müssen. Aber hier davon zu sprechen, dass das jetzt verschwendetes Steuerpotenzial und Steuergeld ist, das weise ich ausdrücklich zurück.
(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nehmen Sie doch die AfD nicht so ernst! Die haben doch zu dem Thema sowieso nichts zu sagen!)
Und ich muss auch ganz ehrlich sagen, Herr Witt: Das sollten Sie an dieser Stelle deutlich zurücknehmen, weil es zeigt, dass Sie von der Thematik und von dem, was im
Gesetz angelegt ist, im Ergebnis keine Ahnung haben.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)