Schon bislang besteht für Steuerpflichtige mit einer Behinderung die Möglichkeit, sich den Einzelnachweis ihrer behinderungsbedingten Mehraufwendungen zu ersparen. So können an Stelle von Einzelnachweisen Pauschbeträge nach § 33 b EStG in Anspruch genommen werden.
Behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstehen bei der Inanspruchnahme von Hilfen bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens wie beispielsweise der Körperpflege. Darüber hinaus für die Pflege sowie einen erhöhten Wäschebedarf. Bislang individuell abgerechnete Kostenpunkte wie zum Beispiel behinderungsbedingte Fahrtkosten werden ebenfalls durch einen pauschalierten Betrag abgegolten.
Schon seit langer Zeit fordern vor allem Sozial- und Behindertenverbände die seit 1975 unveränderten Behindertenpauschbeträge deutlich anzuheben, um die behinderungsbedingten Mehraufwendungen realitätsnah abzubilden.
Ein auf der Basis eines Prüfauftrags aus dem aktuellen Koalitionsvertrag von
CDU/CSU und SPD erstellter Entwurf des Bundesfinanzministeriums, der Ende
Juli 2020 dem Kabinett zur Beschlussfassung vorgelegt werden soll, sieht nun
Folgendes vor:
– die Verdopplung der nach dem Grad der Behinderung (GdB) gestaffelten Behinderten-Pauschbeträge inkl. Aktualisierung der Systematik
– die Einführung eines behinderungsbedingten Fahrtkosten-Pauschbetrags und
– den Verzicht auf die zusätzlichen Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung eines Behinderten-Pauschbetrags bei einem Grad der Behinderung kleiner 50.
Eine Verdopplung der Maximalpauschbeträge bringt vor allem eine Vereinfachung mit sich. Es wird ein größerer Anreiz geschaffen, den Pauschbetrag in Anspruch zu nehmen als eine individuelle Einzelveranlagung. Diese kostet je nach Umfang die Betroffenen erheblich Zeit und die Finanzverwaltung auch Geld.
So hat die Erhöhung der Pauschbeträge auch einen verwaltungstechnischen Sinn. Die ohnehin komplizierten steuerrechtlichen Fragen und Verfahren werden vereinfacht. Die Finanzverwaltung wird bei jedem Betroffenen, der die Gewährung eines Pauschbetrages begehrt, von einer umfangreichen Prüfpflicht befreit. Es gibt Bestandteile des täglichen Lebens, bei denen ein behinderungsbedingter Mehraufwand sehr, sehr schwer nachzuweisen ist, so zum Beispiel im Bereich der Körperpflege. Die neugeordnete Systematik der Pauschbeträge hilft hier erfreulicherweise sehr.
Auch der Adressatenkreis hat sich vergrößert. Menschen mit einem GdB von unter 50 Prozent mussten bislang umfangreich darlegen, weshalb sie einen Anspruch haben sollten. Dies soll künftig entfallen. Nun haben Menschen mit Behinderungen bereits ab einem GdB von 20 Anspruch auf einen Pauschbetrag. Auch hier wurden aufwändige Verfahren gestrichen und vereinfacht.
Mit Blick auf die Lohn- und Preisentwicklung seit 1975 und ganz aktuell die besonderen Aufwendungen, die die Corona-Krise für Menschen mit Behinderungen mit sich bringt, ist die geplante Gesetzesänderung nicht zuletzt ein Signal, Selbstbestimmung und die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu fördern.