Zusatztagesordnungspunkt 3:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz – SoKaSiG) Drucksache 18/10631, 18/11001
Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Vielen Dank. – Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist Wilfried Oellers, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wilfried Oellers (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich betone ganz zu Anfang: Die SOKA-BAU als solche ist das Ergebnis gelebter Tarifpartnerschaft. Wünschenswert wäre, wenn alle Branchen Derartiges, natürlich zugeschnitten auf ihre jeweiligen Bedürfnisse, regeln würden. Dann hätten wir als Gesetzgeber manche Dinge nicht zu regeln. Auf die Regelungsinhalte haben der Kollege Rützel und einige andere Redner schon hingewiesen. Darauf darf ich verweisen.
Der gesamte Prozess hat allerdings gezeigt, dass es in diesem Bereich noch viele Aufgaben zu erledigen und auch zu verteilen gibt. Wenn vorgetragen wird, dass es sich hier um rein formale Probleme handelt, die das Bundesarbeitsgericht in seinen Beschlüssen vom 21. September 2016 aufgeführt hat, dann stimmt das nicht ganz. Es ist natürlich interessant, zu wissen, was im Urteil steht, aber was nicht im Urteil steht, ist genauso interessant.
Mit diesem Gesetz wird zum Beispiel auch die Tariffähigkeit der Tarifpartner der Baubranche geregelt, die vom Bundesarbeitsgericht in der mündlichen Verhandlung infrage gestellt worden ist. Hier ist mein Appell an die Tarifpartner, dass die entsprechenden Aufgaben satzungsmäßig sofort und unverzüglich geregelt werden, damit die Zuständigkeiten geklärt sind.
Darüber hinaus hat das Verfahren auch gezeigt, dass wir in der Branchenabgrenzung zwischen Bauhaupt- und Baunebengewerbe erhebliche Schwierigkeiten haben. Hier liegt der eigentliche Knackpunkt dieser Angelegenheit.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, eigentlich nicht!)
Die bisherigen Regelungen scheinen nicht zufriedenstellend zu sein, insbesondere für das Baunebengewerbe. Hier sei zum Beispiel die große Einschränkungsklausel genannt. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens konnte nun eine Verbändevereinbarung zwischen dem Bauhaupt- und dem Baunebengewerbe erreicht werden. Da hier schon darauf eingegangen wurde, nur in kurzen Stichpunkten: Beweislast bei der SOKA-BAU, Einrichtung einer Schlichtungsstelle und Einschränkung des Geltungsbereichs seitens der Bautarifverträge und der Tarifpartner vor dem Hintergrund der Kriterien Mitgliedschaft und Fachlichkeit.
In der Ausschusserklärung ist ausdrücklich erwähnt, dass vonseiten der SOKA-BAU erwartet wird, dass die jeweiligen Beschwerdeführer vor dem Bundesarbeitsgericht von ihren Forderungen, die ihnen gegenüber geltend gemacht werden, freigestellt werden. Es lohnt sich, an dieser Stelle die Ausschusserklärung zu lesen. Der Gesetzgeber hat deutlich gemacht, dass er von der Baubranche erwartet, dass die Regelungen zügig angegangen und zeitnah umgesetzt werden.
Meiner Ansicht nach sind weitere Regelungen auf den Prüfstand zu stellen, zum Beispiel Rückforderungen über vier Jahre oder auch Rückforderungen mit einer 12‑prozentigen Verzinsung. Das sind Dinge, die die Unternehmen existenziell bedrohen, wenn sie von der SOKA-BAU in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus – es ist erwähnt worden – sollte die SOKA-BAU den Umgang mit den Betrieben prüfen, der zu erheblicher Kritik geführt hat.
Die Baubranche muss sich auch noch einmal über den Leistungskatalog der SOKA-BAU Gedanken machen, insbesondere über die festgesetzten Voraussetzungen. Es ist doch so: Wenn ich im Rahmen der Diskussionen dieses Thema angesprochen habe, wurde mir immer gesagt, man solle nicht in Tarifverträge eingreifen. Allerdings haben hier die Tarifpartner den Wunsch an den Gesetzgeber gerichtet, gesetzgeberisch tätig zu werden, um die SOKA-BAU zu retten. Dann muss es dem Gesetzgeber doch erlaubt sein, hier entsprechende inhaltliche Anmerkungen zu machen.
Die Verfassungsmäßigkeit ist angesprochen worden. Es ist richtig, dass im Rahmen der öffentlichen Anhörung im Ausschuss keine Bedenken geäußert worden sind. Allerdings gibt es in der Literatur eine breite Meinung, die das anders sieht.
Abschließend möchte ich auf einen Umstand hinweisen. Es geht um Kritik an den Richtern des Bundesarbeitsgerichts, die des Öfteren geäußert worden ist, insbesondere auch von den Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung – ich darf zitieren –,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das war ein Unionssachverständiger!)
„hier sei ein noch nicht ganz fertiger junger Prädikatsjurist am Werke gewesen, der aber die Folgen seiner Entscheidung nicht richtig eingeschätzt hat“. Derartige abfällige Bemerkungen über Bundesrichter lasse ich so nicht stehen. Ich betone für meine Fraktion ausdrücklich, dass sie unser Vertrauen genießen und auch unsere Wertschätzung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Ursache dieser Angelegenheit liegt nicht bei den BAG-Richtern, sondern bei den handelnden Akteuren. Auf diese kommt nun viel Arbeit zu. Der Gesetzgeber geht in Vorleistung. Ich erwarte, dass diese Aufgaben bewusst angegangen und im Sinne der Vernunft und des Rechtsfriedens aller bewältigt werden.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Vielen Dank. – Damit sind wir am Ende der Aussprache.