Heinsberger Zeitung vom 26.09.2021
Text: Michèle-Cathrin Zeidler und Daniel Gerhards
Foto: Michèle-Cathrin Zeidler
KREIS HEINSBERG Die CDU liegt trotz deutlicher Verluste vorne. Spinrath mit klarem Abstand Zweiter. Grüne und FDP zufrieden. Das sagen die Kandidaten zu ihren Ergebnissen.
Was die großen Linien angeht, ist die Bundestagswahl im Kreis Heinsberg so ausgegangen wie erwartet. Wilfried Oellers hat das Direktmandat für die CDU verteidigt. Und die CDU ist bei den Zweitstimmen erneut stärkste politische Kraft im Kreis geworden. Allerdings müssen Oellers und auch die CDU empfindliche Verluste hinnehmen. Und Norbert Spinrath (SPD) darf noch auf ein Ticket nach Berlin hoffen.
Oellers fuhr mit 39,73 Prozent ein historisch schlechtes Erststimmenergebnis für die CDU ein. 2017 hatte er noch 45,6 Prozent der Stimmen geholt. Trotz der Verluste zieht er dennoch mit deutlichem Abstand direkt in den Bundestag ein. „Zunächst einmal freue ich mich, dass ich erneut das Direktmandat gewonnen habe“, sagte Oellers in Verbindung mit einem Dank für das Vertrauen seiner Wähler. Er bezeichnete sein eigenes Ergebnis und das seiner Partei jedoch als „schlecht“. Oellers sieht es nun als seine Aufgabe an, die verlorenen Stimmanteile zurückzugewinnen. Einerseits wolle er das über die politischen Inhalte, andererseits aber auch durch noch mehr Nähe zum Bürger erreichen. Seine Verluste führt Oellers vor allem auf den negativen Bundestrend zurück. Er selbst habe den Abstand zwischen Erststimmen (39,73) und Zweitstimmen (32,37) im Vergleich zur vergangenen Wahl noch vergrößern können. Oellers will nun analysieren, bei welchen Wählergruppen er besonders schlecht abgeschnitten hat, um diese künftig gezielt anzusprechen.
Die CDU landete bei 32,37 Prozent der Zweitstimmen. Das sind rund sieben Prozentpunkte weniger als bei der vergangenen Bundestagswahl. „Das ist eine Enttäuschung, keine Frage“, sagte Kreisvorsitzender Bernd Krückel. Es könne nicht das Selbstverständnis seiner Partei sein, dieses Ergebnis nun schönzureden. In einer ersten Analyse sagte Krückel, dass die CDU es im Kreis Heinsberg nicht geschafft habe, mit ihren Inhalten bei den Wählern Gehör zu finden. „Wir haben nicht auf die Straße und an die Wählerinnen und Wähler bringen können, was wir uns selbst vorgestellt haben“, sagte Krückel. Dabei habe allerdings auch der Negativtrend aus dem Bund eine Rolle gespielt. Dafür machte Krückel auch die mediale Berichterstattung über den Unions-Kanzlerkandidaten verantwortlich. „Es gab einige Medien, die Armin Laschet runterberichtet haben“, sagte er und meinte „insbesondere den WDR“. Der habe Laschet mit Banalitäten heruntergezogen, während „Probleme, die Olaf Scholz hatte,“ in der Berichterstattung keine Rolle gespielt hätten.Norbert Spinrath (SPD) gesellte sich erst recht spät zu den Wartenden im Kreishaus. Er sei mit dem Ergebnis seiner Partei auf Bundesebene sehr zufrieden. „Die Menschen haben gezeigt, dass sie sich einen Wechsel und Olaf Scholz als Kanzel wünschen“, so Spinrath. Für ihn persönlich sei es allerdings nicht so gut gelaufen. Im Kreis Heinsberg konnte er 25,92 Prozent der Wähler überzeugen. Eigentlich habe er in den vergangenen Wochen auch hier einen Stimmungswechsel gespürt und daher mit einem deutlich besseren Ergebnis gerechnet. „Der große Vorsprung von Wilfried Oellers hat mich überrascht“, räumte Spinrath ein.
Bestürzt habe Spinrath außerdem das Ergebnis der AfD in einigen Wahlbezirken. „Die Menschen müssen verstehen, dass Protestwählen in dem Fall nichts bringt und sie sich damit mit bekennenden Neonazis in eine Reihe stellen“, sagte Spinrath. Ansonsten bereite er sich auf eine lange Nacht vor. „Laut den aktuellen Prognosen komme ich mit meinem Listenplatz in den Bundestag. Das ist aber noch nicht sicher und kann sich noch ändern.“
Unter den Direktkandidaten landete Dignanllely Meurer (Grüne) mit 10,69 Prozent auf dem dritten Platz. Da sie keinen Platz auf der Landesliste hat, bedeutet das für sie, dass sie weit von einem Einzug in den Bundestag entfernt ins Ziel gekommen ist. Das wollte sie jedoch ausdrücklich nicht als Niederlage werten. „Ich sehe das als Bestätigung meiner Kandidatur“, sagte Meurer. „Der dritte Platz ist alles, was ich erreichen wollte.“ Sie habe im Wahlkampf mit Authentizität überzeugt und davon profitiert, dass das Klimathema viele Menschen bewegt. „Jeder normal denkende Mensch weiß, dass wir etwas ändern müssen“, sagte sie mit Blick auf die Klimapolitik.
Auch Grünen-Kreissprecherin Dr. Ruth Seidl bewertete das Abschneiden ihrer Partei bei den Zweitstimmen äußert positiv. „Wir können uns freuen, dass wir unser Ergebnis mehr als verdoppelt haben. Bei der vergangenen Wahl hatten die Grünen noch bei 5,2 Prozent gelegen, nun holten sie im Kreis Heinsberg 11,71 Prozent. Diesen Zuwachs führte sie auf ein engagiertes junges Wahlkampfteam mit vielen neuen Mitgliedern zurück. Die „traditionelle CDU-Dominanz“ lasse nach. Die Grünen hätten der CDU in vielen Wahlbezirken Stimmen abgenommen, was Seidl sehr positiv bewertete. „Das bedeutet, dass die junge Generation am Zug ist“, sagte Seidl.
Grund zu Freude sah auch die FDP. Alexander Dorner ist mit seinem Ergebnis zufrieden. Der 26-Jährige konnte 7,44 Prozent der Erststimmen auf sich vereinen. Es freute ihn, dass trotz seines jungen Alters viele Bürger für ihn gestimmt haben. „Ich sehe das als positives Signal für die Zukunft“, so Dorner. Er könne sich vorstellen, bei der nächsten Bundestagswahl erneut zu kandidieren. „Ich habe noch Zeit. So ein Politikerleben ist lang“, lachte Dorner. Auch mit dem Ergebnis bei den Zweitstimmen sind die Liberalen zufrieden. „Wer hätte im Frühjahr gedacht, dass wir uns mit den Grünen ein Kopf an Kopf Rennen um die Drittstärkste Kraft im Kreis liefern“, freute sich Stefan Lenzen, stellvertretender Kreisvorsitzender.
Die Wahlbeteiligung lag bei 75,6 Prozent (2017: 74,9 Prozent).