Tagesordnungspunkt 16:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung von Transparenz und zum Diskriminierungsschutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern (Whistleblower-Schutzgesetz)
Drucksache 18/3039
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)
Drucksache 18/5148
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)
zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE.
Gesellschaftliche Bedeutung von Whistleblowing anerkennen – Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber schützen
Drucksachen 18/3043, 18/5148
Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Wilfried Oellers hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wilfried Oellers (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um die Diskussion wieder etwas zu beruhigen und sie vielleicht auf sachlichere Füße zu stellen,
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, na, na! – Caren Lay [DIE LINKE]: Das war sachlich!)
will ich zunächst einmal einiges klarstellen.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: „Klarstellen“? Das sind Fakten, die Frau Binder genannt hat!)
– Vielleicht hören Sie zunächst einmal zu; ich bin gespannt, ob Sie dann noch widersprechen. – Selbstverständlich ist es so, dass Missstände und illegales Handeln, insbesondere auch Gefahren, häufig gerade durch Informationen von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern aufgedeckt werden. Sie sind letztlich auch diejenigen, die skandalöses Verhalten nicht stillschweigend hinnehmen, sondern beherzt tätig werden und es aufdecken.
Ich kann nicht bestätigen, was der Kollege Bleser gesagt hat; ich werde da gerne einmal nachfragen.
(Karin Binder [DIE LINKE]: Dafür wäre ich dankbar!)
Trotzdem darf ich für meine Fraktion sagen, dass diese Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber schon eine sehr große Zivilcourage an den Tag legen, die wir sicherlich anzuerkennen haben und die auch nicht genug gelobt werden kann,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
weil diese Personen natürlich ein hohes Risiko in Kauf nehmen und damit auch ihre Existenz aufs Spiel setzen. Diesen Personen spreche ich persönlich, aber auch im Namen meiner Fraktion großen Respekt aus.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie verweigern Ihnen die Hilfe!)
– Sie müssen zunächst einmal weiter zuhören; dann hätten Sie sich diesen Zwischenruf vielleicht sparen können.
Auch wir sehen es so, dass diese Menschen natürlich zu schützen sind. Aber bevor man gesetzgeberisch tätig wird, ist es erforderlich, auch einmal zu schauen: Wie ist denn die derzeitige Rechtslage?
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie lange schauen Sie denn noch?)
Die öffentliche Anhörung hat in meinen Augen sehr deutlich ergeben, dass die derzeitige Rechtslage durchaus ausreichend ist. Insbesondere hat das auch der Bund der Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit deutlich gemacht.
Wir haben – lassen Sie es mich aufzählen – entsprechende gesetzliche Regelungen in Form des § 612 a BGB, der Ihnen sicherlich bekannt ist, mit einem entsprechenden Maßregelungsverbot; darauf gehe ich gleich noch etwas näher ein. Wir haben weitere Regelungen im Kündigungsschutzrecht, im Betriebsverfassungsrecht, im Arbeitsschutzgesetz, im Bundes-Immissionsschutzgesetz – ich habe mir das alles einmal aufgeschrieben –, im Bundesbeamtengesetz, im Bundesstatusgesetz, und wir haben eine umfangreiche Rechtsprechung des BAG, des Bundesverfassungsgerichts und natürlich auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
Darüber hinaus darf auch nicht verkannt werden, dass es mittlerweile eine Reihe von betrieblichen Regelungen gibt. Das war auch ein deutliches Ergebnis der öffentlichen Anhörung mit den anwesenden Betrieben.
Ich will insbesondere noch einmal auf § 612 a BGB eingehen. Man muss schon einmal deutlich hervorheben, dass es sich hierbei um eine allgemeingesetzliche Norm handelt, die auf alle Arbeitsverhältnisse Anwendung findet. Für den Schutz durch dieses Maßregelungsverbot gibt es natürlich bestimmte Voraussetzungen durch das entwickelte Anzeigerecht. Dies ist auch richtig so, weil in solchen Fällen natürlich beide Interessenseiten – sowohl diejenige der Arbeitnehmer als auch diejenige der Arbeitgeber – berücksichtigt werden müssen. Das kann man eben nur in Einzelfallentscheidungen. Hier helfen die vorliegenden Gesetzentwürfe nicht weiter, weil in diesem Bereich auch mit allgemeinen Rechtsbegriffen gearbeitet wird, die auslegungsbedürftig sind, und eine Auslegung kann eben nur im Einzelfall erfolgen.
Weil Sie die Entscheidung im Fall der Frau Heinisch angesprochen haben, will ich Ihnen ganz deutlich sagen: Sie müssen dabei schon einmal zur Kenntnis nehmen, dass gerade die erste Instanz, das Arbeitsgericht, der Frau Heinisch recht gegeben hatte. Das Landesarbeitsgericht hat das dann anders entschieden, und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist schließlich zu dem Ergebnis gekommen,
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach wie vielen Jahren hat er entschieden?)
dass eine falsche Abwägung stattgefunden hat. Im Ergebnis hat er aber genau die gleichen Voraussetzungen und Ansätze wie die Vorinstanzen gewählt. Dabei dürfen Sie auch nicht verkennen, dass Frau Heinisch aufgrund dieser Entscheidung eine recht hohe Abfindung bekommen hat,
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach wie vielen Jahren?)
was natürlich ein deutliches Zeichen dafür ist, dass sie in weiten Teilen recht hatte.
Von daher: Es ist im Ergebnis eine Entscheidung im Einzelfall. Hierfür reichen die bisherigen gesetzlichen Regelungen aus. Wir haben gesehen, dass das im Fall Heinisch im Ergebnis auch funktioniert hat.
Lassen Sie mich abschließend sagen, dass die Schutzwürdigkeit der Hinweisgeber und der Respekt vor ihnen es natürlich erfordern, dass wir diese Entwicklung in der Rechtsprechung weiter aufmerksam verfolgen und entsprechend tätig werden, sobald hier Handlungsbedarf besteht. Zurzeit ist dies allerdings nicht der Fall.
Herzlichen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)