Rheinische Post vom 05.10.2021
Text: Anke Backhaus und Michael Heckers
Foto: dpa/Michael Kappeler
Erkelenzer Land Nach der Bundestagswahl schwanken auch die CDU-Politiker aus dem Erkelenzer Land wie ihre Kollegen auf Landes- und Bundesebene zwischen Katastrophenstimmung und verzweifelter Hoffnung.
Bernd Krückel hatte sich schon früh festgelegt: „Ich kann keinen Regierungsauftrag für die CDU erkennen“, sagte der CDU-Vorsitzende im Kreis Heinsberg wenige Stunden nach der Bundestagswahl. Der Landtagsabgeordnete aus Heinsberg musste das schwache Abschneiden der Union mit ihrem Kanzlerkandidaten Armin Laschet erst einmal verdauen und schlug dem Kreisvorstand vor, dass Ergebnis mit allen CDU-Mitgliedern im Kreis Heinsberg und Wilfried Oellers, dem zum dritten Mal in Folge direkt gewählten CDU-Bundestagskandidaten im Kreis Heinsberg, zu besprechen.
Zu Beginn des Jahres sah die Welt bei der CDU noch ganz anders aus: Die sechs Delegierten aus dem Kreis Heinsberg hatten sich vor dem digitalen Bundesparteitag für Armin Laschet ausgesprochen, der schließlich auch zum neuen Parteivorsitzenden und später zum Kanzlerkandidaten gewählt wurde. Nach dem enttäuschenden Ergebnis bei der Bundestagswahl am 26. September sitzt der Stachel tief. „Ich sehe nicht, dass es zu einer CDU-geführten Regierung kommen wird“, meint Bernd Krückel. Gut möglich sei eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen. „Sollte dies allerdings nicht funktionieren, müssen wir da sein“, sagt Krückel mit Blick auf ein mögliches Jamaika-Bündnis mit CDU, FDP und Grünen.
Enttäuscht über das Ergebnis für die Union ist auch Krückels Landtagskollege Thomas Schnelle aus Kleingladbach, der vor der Bundestagswahl ebenfalls als Befürworter von Laschet galt. „Armin Laschet sollte sich jetzt um die Partei kümmern“, meint Thomas Schnelle. Im Ringen um die Nachfolge im Amt des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten spricht sich Thomas Schnelle für den bisherigen Landesverkehrsminister Hendrik Wüst (46) aus. Wüst bringe die besten Voraussetzungen für diese Amt mit und habe trotz seines vergleichsweise noch jungen Alters schon viel Erfahrung.
CDU-Bundestagsabgeordneter Wilfried Oellers aus Heinsberg meint, die Union sollte anerkennen, dass die Ausgangssituation, in Regierungsverantwortung zu kommen, denkbar ungünstig ist. Armin Laschet sei es als Kanzlerkandidat nicht gelungen, sich im Wahlkampf entsprechend in der Öffentlichkeit zu platzieren. Mit Blick auf das Abschneiden der CDU im Wahlkreis Heinsberg sagt Oellers, dass es nun darum geht, das Ergebnis in allen Gremien und mit allen CDU-Mitgliedern gemeinsam aufzuarbeiten. Nun seien die Sondierungsgespräche und die Koalitionsverhandlungen abzuwarten. „Am Ende wird entscheidend sein, ob FDP und Grüne sich einig werden, mit wem sie koalieren wollen“, sagt Wilfried Oellers.
Kontroverse Diskussionen an der Parteibasis sieht Dirk Schulze, der den CDU-Stadtverband in Wassenberg führt. „Ich persönlich bin der Meinung, dass Armin Laschet in Nordrhein-Westfalen gute Arbeit geleistet hat. Das sehen nicht alle so bzw. es wird nicht nicht überall angenommen“, sagt der Vorsitzende, der meint, dass Laschet viel zu schlecht von der Öffentlichkeit wahrgenommen werde. Schulze weiter: „Bei der Bundestagswahl hat der Wähler entschieden. Die CDU hat nicht die meisten Stimmen bekommen.“
Dirk Schulze warnt davor, mit aller Macht in eine Regierungskoalition einzusteigen, obwohl er Jamaika für nicht unmöglich hält, „wenn es das Beste für unser Land ist – und nur darum geht es in den vor uns liegenden Jahren. Bildet sich die Ampel aus SPD, FDP und den Grünen, dann ist das so“. Aus Schulzes Sicht kann die CDU in den kommenden vier Jahren im Bundestag auch eine starke Opposition sein, die Deutschland voranbringen könne. Der Wassenberger CDU-Chef prognostiziert der nächsten Regierung sehr viel Arbeit, die im Sinne des Landes geleistet werden müsse.