19. Dezember 2013
Rheinische Post, Lokalteil Erkelenz
Erkelenz. Reaktionen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, die den hiesigen Braunkohlentagebau betreffen, hat es in Medien und Politik viele gegeben. Vier davon, die besonders die Menschen in Erkelenz oder mögliche Konsequenzen des Urteils von Dienstag in den Fokus nehmen, seien genannt.
So hat der in Sachsen erscheinende „Döbelner Anzeiger“ kommentiert, dass es nach dem vom nordrhein-westfälischen BUND und vom Erkelenzer Stephan Pütz erwirkten Urteil – auch wenn sie selbst weitgehend gescheitert sind – in der Lausitz „zu einer Klagewelle kommen“ könnte, „hier sind gleich drei Tagebaupläne in der Schwebe“; von den Karlsruher Richtern war der Rechtsschutz für die Betroffenen solcher Großprojekte gestärkt worden. Erweitert werden soll in Sachsen der Tagebau Nochten. Dort, „aber auch kohlekritische Einwohner über den Flözen von Welzow-Süd und Jänschwalde-Nord werden die Chance zur Klage nutzen“, hieß es im „Döbelner Anzeiger“. „Am Ende werden sie ihre Prozesse und Grundstücke trotzdem verlieren, denn Bergbau zum Wohle der Allgemeinheit ist ja vom Grundgesetz gedeckt. Aber vielleicht springt dabei mehr Kohle als bisher heraus – für Kläger und Juristen.“
Ihre Enttäuschung hatte Margarete Mehl in der „Neuss-Grevenbroicher Zeitung“ geäußert. Die Otzenratherin (71) hatte die Jüchener Grünen mitgegründet und mitprotestiert, als die BUND-Obstwiese dem Tagebau Garzweiler II weichen musste, die jetzt in dem Karlsruher Urteil behandelt wurde. „Das Urteil überrascht mich nicht“, sagte Mehl der Zeitung. Auch wenn die Umsiedlung für die Jüchener abgeschlossen sei, gehe es jetzt um die Menschen in Erkelenz, die ihre Heimat aufgeben müssen: „Niemand kann sich die Unsicherheit der Menschen vorstellen, die in einem halb abgebaggerten Dorf sitzen.“
Kritische Worte findet Wilfried Oellers, der CDU-Bundestagsabgeordnete für den Kreis Heinsberg. Das Urteil „brachte für die Betroffenen im Umsiedlungsgebiet leider nicht den gewünschten Erfolg, das Fortschreiten des Tagebaus zu verhindern und ihre Heimat zu bewahren. So wichtig ich eine zuverlässige Energieversorgung für unsere Region halte, so sehr bedauere ich, dass die Heimat im Rahmen der Interessenabwägung nicht als überwiegend angesehen worden ist. Außerordentlich zu begrüßen ist dagegen, dass das Bundesverfassungsgericht den Rechtsschutz der Enteignungs- und Umsiedlungsbetroffenen stärkt, indem ihnen nunmehr bereits gegen die Vorhabenzulassung Rechtsschutz zur Verfügung steht.“
Dr. Ruth Seidl, hiesige Grünen-Vertreterin im Landtag, nennt es „bemerkenswert, dass aufgrund des langen Atems der Kläger das Thema in höchstrichterlicher Instanz verhandelt wurde“. Sie weist auf dieselben Erfolge wie Oellers hin, die das Urteil mit sich brächten, und fordert: „Unabhängig vom Urteil muss die Frage der energiepolitischen Notwendigkeit weiterhin auf den Prüfstand gestellt werden. Planungen, die vor 30 Jahren entstanden sind, müssen vor dem Hintergrund der Energiewende und des Klimaschutzes neu bewertet werden.“