Diese Plenarwoche hat erneut die politische Irrfahrt unserer Bundesregierung in ihrer China-Politik offengelegt.
Im Rahmen einer Aktuellen Stunde hat sich der Bundestag mit den Eckpfeilern der deutschen China-Politik befasst. Konkreten Anlass bietet die viel kritisierte Reisepolitik des Kanzleramts: Der Bundeskanzler hat mit seiner Stippvisite in Peking Schaden angerichtet. Europäische und transatlantische Partner sind verwundert, Xi Jinping wurde in Szene gesetzt, Deutschland steht als Bittsteller da. Der Zeitenwende des Bundeskanzlers fehlt der strategische Weitblick nach Asien: China wird in den kommenden Jahrzehnten ein politischer und ökonomischer Wettbewerber sein. Deutsche Interessen schützt man nicht durch Verkäufe kritischer Infrastruktur wie am Hamburger Hafen. Die Bundesregierung muss nun endlich eine China-Strategie vorlegen, die Realismus an die Stelle von Naivität setzt.
Darüber hinaus wird man den Eindruck nicht los, dass Ideologie eine größere politische Rolle spielt als Vernunft, denn das neue Bürgergeld wurde gegen alle Widerstände und gegen alle rationalen Argumente durchgeboxt. Das SGB II regelt die Hilfe für Arbeitslose in der Grundsicherung. Mit der Einführung des „Bürgergeldes“ hat die Ampelkoalition eine umfassende Reform beschlossen. Nun sollen die Regelsätze über die Inflationsanpassung hinaus angehoben werden (was wir unterstützen), zudem wird u.a. eine sechsmonatige sanktionsfreie Karenzzeit eingeführt und das anrechnungsfreie Schonvermögen erhöht. Mit dem Bürgergeld-Gesetz geht die Ampel-Regierung einen nächsten Schritt hin zur schleichenden Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Wir finden: Das Bürgergeldgesetz steht für verwalten, nicht für aktivieren. Es setzt die falschen Schwerpunkte. Das Prinzip des Förderns und Forderns hat sich hingegen bewährt. Denn nur mit der Aufnahme einer dauerhaften Erwerbstätigkeit kann Hilfebedürftigkeit nachhaltig beendet werden. Die mahnenden Stimmen beispielsweise des Landkreistags, des Handwerks, des Städtetages, der Bundesagentur für Arbeit und nicht zuletzt des Bundesrechnungshofes wurden von der Ampel-Regierung nicht ernst genommen. Es bleibt aber dabei: Die Abschaffung von Sanktionen und die Einführung hoher Schonvermögen wird es mit uns nicht geben.
Angesichts der Inflationsentwicklung halten wir es für dringend geboten, dass die Regelsatzerhöhung zum 01.01.2023 erfolgt. Dazu hätte diese Regelung vom Gesetz getrennt werden müssen. Dazu war die Ampel-Koalition nicht bereit. Dennoch: Unsere Kritik an allen weiteren Elementen des Bürgergeld-Gesetzes bleibt erhalten. Die Aussetzung der Sanktionen und die hohen Schonvermögen sind ein sozialpolitischer Systemwechsel.
Was als friedliche Demonstration für das wichtige Anliegen des Klimaschutzes begann, hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten in Teilen zu einem radikalen und aggressiven Protest gewandelt. Dieser Protest nutzt in Form von Straßenblockaden kriminelle Mittel und gefährdet dabei auch Leib und Leben von Menschen. Rettungskräfte werden bei der Bergung von Verletzten behindert. Bei diesem Protest handelt es sich nicht um politischen Aktivismus, sondern um Straftaten. Dieser Radikalisierung muss entschieden Einhalt geboten werden. Es bedarf einer klaren Antwort des Rechtsstaats, denn Straftaten sind keine Form demokratischer Meinungsäußerung. Die Union hat deshalb in ihrem Leitantrag der Woche gefordert: Der Rechtsstaat muss hart und entschlossen reagieren. Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger und auch unserer Kulturgüter sind schärfere Strafen für Straßenblockierer und Museumsrandalierer nötig.
Die CDU-CSU/Bundestagsfraktion hat in der vergangenen Woche eine Reihe von Initiativen ins Parlament eingebracht. Einige davon möchte ich Ihnen vorstellen:
Initiativen der CDU/CSU-Fraktion:
Kein Verbot des klimaneutralen Verbrennungsmotors – Technologieoffenheit gewährleisten.
Nach dem EU-Beschluss zum Verbot des Verbrennungsmotors ab 2035 gab es einen veritablen Koalitionskrach in der Ampel. Aber auch mehrere Wochen danach gibt es weiterhin mehr offene Fragen als Antworten. So gibt es nach wie vor keine belastbaren Prognosen, welche Mengen synthetischer Kraftstoffe im Jahr 2035 zu welchem Preis zur Verfügung stehen werden. Ferner ist derzeit noch nicht recht nachvollziehbar, wie die Europäische Kommission ihren „Prüfauftrag“ umsetzen wird, der lediglich in den Erwägungsgründen des Rechtsaktes zum Verbrennerverbot fixiert ist. Der Antrag der Union greift dies auf und konkretisiert zehn Forderungen: Technologieoffenheit und Förderung der Umstellung von fossilen Kraftstoffen hin zu nachhaltigen Kraftstoffen.
Endometriose – Endlich verstehen, behandeln, erforschen, begleiten.
Erst in den vergangenen Jahren wurde deutlich, welches Ausmaß und welche Bedeutung die Krankheit Endometriose für das Leben von bis zu 15% aller Frauen in Deutschland hat. Auf Druck der Unionsfraktion hat die Koalition nunmehr 5 Mio. Euro jährlich im Haushaltsplan (Einzelplan 30) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für spezifische Forschung in diesem Bereich vorgesehen. Damit ist es jedoch nicht getan. Es braucht unverzüglich mehr Aufklärung, eine bessere Unterstützung der bereits vorhandenen Behandlungsstrukturen sowie die Möglichkeit, die Endometriose-Behandlung durch Fachärzte und Allgemeinmediziner auskömmlich abzurechnen. Darauf soll der Antrag der Union hinwirken.
In dieser Woche hat sich der Bundestag in abschließender zweiter und dritter Beratung mit zwei konkurrierenden Entwürfen von Ampelkoalition und Unionsfraktion für ein Sechstes Gesetz zur Änderung des Europawahlgesetzes befasst. Der Gesetzesentwurf der Ampel soll das aktive Wahlalter für Wahlen zum Europäischen Parlament von 18 auf 16 Jahre absenken. Diesen Vorschlag hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion abgelehnt. Denn es gilt: Rechte und Pflichten gehören zusammen. Es wäre ein Widerspruch, wenn sich junge Menschen erst mit 18 Jahren rechtlich verpflichten (z. B. verschulden) dürfen und erst ab diesem Zeitpunkt strafrechtlich voll zur Verantwortung gezogen werden können, zugleich aber unmittelbaren Einfluss auf die europäische Gesetzgebung nehmen können. Laut einer Allensbach-Umfrage von November 2021 sprachen sich 71 Prozent für die Beibehaltung des Wahlalters ab 18 aus; nur 19 Prozent präferierten ein Wahlalter ab 16. Der Unions-Entwurf hingegen sah die Einführung einer 2%-Sperrklausel bei zukünftigen Europawahlen vor. Dies sollte die Handlungsfähigkeit des Europarlaments zukünftig besser sicherstellen.
Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes – mit dem die wichtigsten Verwaltungsdienstleistungen endlich digitalisiert werden sollen– liegt hinter dem Zeitplan und braucht dringend einen Turbo. In unserem Antrag hat die Union–Fraktion gefordert: Mehr Tempo bei digitaler Verwaltung – Onlinezugangsgesetz (OZG) fortführen, Nutzungslücken schließen, Rechtsanspruch einführen. Die Bundesregierung soll zeitnah eine gesetzliche Nachfolgeregelung vorlegen, die die Fortsetzung des auslaufenden OZG sichert. Sie soll einen rechtlichen, zeitlichen und finanziellen Rahmen für ein OZG 2.0 definieren. Nur so erhalten die Länder und Kommunen Planungssicherheit. Darüber hinaus sollte die Bundesregierung schnellstmöglich zusammen mit den Ländern ein Finanzierungskonzept für die Folgefinanzierung des OZG-Prozesses vorlegen. Die Union plädierte in dem Antrag für einen Rechtsanspruch der Bürgerinnen und Bürger ab dem 1. Januar 2025 auf die im OZG definierten Verwaltungsleistungen des Bundes.
Konsequente Reaktion des Rechtsstaats auf den russischen Angriffskrieg ermöglichen – Sondertribunal einrichten.
Seit den Nürnberger Tribunalen von 1946 ist sich die Völkerrechtswissenschaft einig: Angriffskrieg ist ein Verbrechen. Ein solches Verbrechen der Aggression wird den russischen Machthabern richtigerweise zur Last gelegt. Allerdings hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) nur eingeschränkte Kompetenzen, um dieses Verbrechen zu ahnden. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat deshalb die Einrichtung eines internationalen Sondertribunals als funktionale Erweiterung des IStGH gefordert, damit die russischen Verbrechen der Aggression untersucht und strafrechtlich verfolgt werden können.
Schweinehaltern durch die Krise helfen.
Viele Schweinehalter in Deutschland erleben aufgrund der Corona-Pandemie, aufgrund von Exporteinschränkungen wegen der Afrikanischen Schweinepest (ASP), aufgrund steigender Energie- und Produktionskosten sowie Verschärfungen im nationalen Tierschutzrecht bislang unbekannte Marktverwerfungen. Viele Schweinehalter in Deutschland müssen deshalb aufgeben. Die Bundesregierung wurde daher aufgefordert, die Schweinehalter finanziell im Rahmen der kurzfristigen Krisenhilfe zu unterstützen. Zusätzlich sollen notwendige Stallumbauten gefördert und eine Herkunftskennzeichnung für Fleisch und Wurst aus Deutschland eingeführt werden. Kantinen und Verpflegungseinrichtungen werden ermutigt, Fleisch und Wurstwaren vorrangig aus Deutschland zu beziehen.
Seit Monaten fährt die Ampel einen Schlingerkurs bei der Frage der Laufzeitverlängerungen für die drei verbleibenden deutschen Kernkraftwerke. Bereits vor mehreren Wochen haben wir einen Entwurf vorgelegt, mit dem die befristete Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland bis zum 31. Dezember 2024 auf den Weg gebracht werden kann. Die Ampelfraktionen haben unseren Entwurf für ein Neunzehntes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes zunächst ausgebremst und nach dem „Machtwort“ von Bundeskanzler Scholz nun einen eigenen Entwurf vorlegt, der nur einen bis zum 15. April 2023 befristeten Weiterbetrieb der Kernkraftwerke vorsieht. Diesen unzureichenden Entwurf der Ampel lehnen wir ab: Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung geht davon aus, dass die Energiekrise noch bis mindestens 2024 andauern wird. Der Weiterbetrieb bis Mitte April 2023 wird nicht zu den Preisdämpfungseffekten führen, wie es bei einer Verlängerung bis Ende 2024 der Fall wäre. Somit werden die positiven Effekte eines erhöhten Stromangebots nicht genutzt. Die Bundesregierung untersagt ferner den Einsatz neuer Brennelemente und erklärt damit die Energiekrise im Strombereich ab dem 16. April 2023 für beendet. Das ist kurzsichtige Politik, die nicht aufgehen wird. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der mit einer Laufzeitverlängerung bis Ende 2024 den aktuellen Herausforderungen eindeutig besser Rechnung trägt.
Mit unserem Antrag Geregeltes Verfahren zur Einstufung sicherer Herkunftsstaaten einführen wurde die Bundesregierung aufgefordert, für die Zukunft ein regelmäßiges und geordnetes Verfahren zur Einstufung sicherer Herkunftsstaaten im Asylrecht einzuführen. Parallel zu unserem Antrag hat der Bundestag in erster Lesung den Entwurf der Ampel für ein Gesetz zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren diskutiert.
Technologieagenda Neue Energien – Rolle der Wissenschaft in der Bundesregierung stärken.
Das Krisenmanagements der Bundesregierung offenbart eine gewisse Kurzatmigkeit. Bei allen aktuell beschlossenen und diskutierten Maßnahmen der Bundesregierung fehlt eine klare, auf den Erkenntnissen von Wissenschaft und Forschung basierende Strategie. Die Wissenschaftsgemeinschaft hat viele Lösungsansätze zu bieten und forscht intensiv an einer erfolgsversprechenden Energietransformation. Mit diesem Antrag hat die Union klargestellt: Die Wissenschafts- und Forschungslandschaft ist nicht nur der bestmögliche Ratgeber einer jeden Bundesregierung, sie ist auch gerade in Krisenzeiten die treibende Kraft zur dringend benötigten Erweiterung des politischen Handlungsspielraumes. Hierfür braucht es Technologieoffenheit und Innovationslust, aber auch eine starke Stimme in der Bundesregierung.
Die Sahel-Zone als Schlüsselregion für Europas Sicherheit begreifen – Den Mali-Einsatz militärisch und politisch zum Erfolg führen.
Die Bundesregierung schafft es nicht, die politischen Rahmenbedingungen für den aktuell gefährlichsten deutschen Auslandseinsatz und für die Bürgerinnen und Bürger – und für die Soldaten vor Ort – klar und verständlich zu definieren. Das lässt nicht nur die Effektivität dieses eigentlich wichtigen Einsatzes verpuffen. Durch ihre unklare Kommunikation gegenüber der Regierung in Bamako gefährdet die Bundesregierung unnötig die eingesetzten Soldatinnen und Soldaten und schafft Freiraum für Akteure wie Russland. Mit unserem Antrag hat die Union deshalb ein Konzept für den Sahel gefordert, eine Führungsrolle Deutschlands in der Afrikapolitik der EU, eine strategische Betrachtung der Herausforderungen durch Russland und die zugesagte Evaluierung des Einsatzes.
Sonstige Tagesordnungspunkte:
Die Ampelkoalition beginnt endlich mit der Umsetzung des bereits lange versprochenen Pakets zur Dämpfung der Energiepreise. Mit dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz, das das Plenum unter dem Tagesordnungspunkt ERP-Wirtschaftsplangesetz 2023 beraten hat, soll die Soforthilfe in Form der Abschlagszahlung für Dezember geregelt werden. Für Bezieher von leitungsgebundenem Erdgas und Wärme heißt das zunächst, dass im Dezember die Pflicht entfällt, vertraglich vereinbarte Voraus- oder Abschlagszahlungen zu leisten. Der Bund erstattet Energielieferanten und Wärmeversorgungsunternehmen die ausbleibenden Zahlungen und finanziert diese einmalige Entlastung. Die Bundesregierung will so eine finanzielle Brücke bauen bis zur regulären Einführung der Gaspreisbremse, die für Anfang kommenden Jahres geplant ist. Taugliche Vorschläge für die endgültige Ausgestaltung der Gas- und Strompreisbremse bleibt die Ampelregierung hingegen weiter schuldig.
In abschließender zweiter und dritter Beratung hat sich der Bundestag mit dem Gesetz zur Erhöhung des Wohngeldes (Wohngeld-Plus-Gesetz) befasst. Mit dem Wohngeld-Plus-Gesetz soll die Berechnungsformel für das Wohngeld angepasst werden, so dass mehr Haushalte Wohngeld erhalten können. Darüber hinaus soll eine dauerhafte Heizkostenkomponente im Wohngeld verankert werden, um die höheren Energiepreise zu berücksichtigen.
Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 82) und dem Gesetz zur Modernisierung des Verkündungs- und Bekanntmachungswesens beriet das Parlament über die Voraussetzungen für eine weitere Digitalisierung der Gesetzgebung und die zukünftig mögliche digitale Verkündung von Gesetzen.
Der Entwurf der Bundesregierung für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (Triage) dient der Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Dezember 2021 (1 BvR 1541/20) zu Benachteiligungsrisiken insbesondere von Menschen mit Behinderungen in der Triage. Mit dem Gesetz werden für die Zuteilungsentscheidung maßgebliche Kriterien und Verfahrensvorschriften geregelt. Ich sehe den Entwurf kritisch. Er bildet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur unzureichend ab. So wird beispielsweise der Umgang mit Triagesituationen nur im Pandemiefall geregelt, weitere mögliche Ursachen (Naturkatastrophen etc.) werden nicht berücksichtigt. Zudem enthält der Entwurf zwar Vorgaben für eine Triage, Verstöße hiergegen sind jedoch nicht sanktionsbewehrt. Der Komplex der Ex-Post Triage wird im Gesetzentwurf verboten, der Bundesrat hat diese Ex-Post Triage hingegen in seiner Stellungnahme gefordert. Da im Vorfeld eine ausreichende Beteiligung der betroffenen Gruppen versäumt wurde, ist eine Unsicherheit für alle Beteiligten entstanden, die der Gesetzentwurf nicht aufzulösen vermag.