Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der vergangenen Woche sein Urteil zum deutschen Gesetz über Mindestspeicherfristen für Telekommunikationsverkehrsdaten verkündet. Die Forderung nach einer IP-Adress-Speicherung zur Sicherung digitaler Beweismittel wurde vom Gerichtshof ausdrücklich für zulässig erklärt. IP-Adressen sind als digitale Beweismittel gerade bei der Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs im Internet unabdingbar. Ohne Speicherpflicht sind diese digitalen Beweise – wenn eine Tat auffällt – vielfach gelöscht und die IP-Adresse kann keiner konkreten Person mehr zugeordnet werden. In den vergangenen fünf Jahren war das bei mehr als 19.000 Hinweisen der Fall. Das ist ein unerträglicher Zustand. Kinderschutz muss endlich Vorrang vor Datenschutz haben. In unserem Antrag IP-Adressen rechtssicher speichern und Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen fordert die CDU/CSU-Bundestagsfraktion: Bundeskanzler Scholz muss den Streit im Kabinett beenden und dafür sorgen, dass schnell eine rechtssichere Regelung zur Speicherung von IP-Adressen auf den Weg gebracht wird. Dabei soll der laut EuGH zulässige Spielraum ausgeschöpft werden – zum Schutz der Kinder und Jugendlichen.
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist der wichtigste Anker für finanzielle Nachhaltigkeit in der Europäischen Union. Um seine Funktionen erfüllen zu können, muss der Pakt durch den laufenden Reformprozess durchsetzungsfähiger werden. Die Vorstellungen der Union wurden mit dem Antrag Stabilitätsunion statt Schuldenunion – Stabilitäts- und Wachstumspakt festigen, fiskalpolitische Disziplin in Europa sichern ins Parlamentarische Verfahren eingebracht: Der Pakt muss auf wenige Grundregeln verschlankt werden, ohne dabei die EU-Fiskalregeln zu verwässern. Für uns ist unabdingbar, dass das 60%-Ziel zur Staatsschuldenquote sowie das 3%-Ziel zur jährlichen Neuverschuldung erhalten bleibt. Auch die Zielsetzung eines verbindlichen Schuldenabbaus muss Bestand haben. Zusätzlich sind die Flexibilitätsklauseln klar auf Naturkatastrophen und extreme Wirtschaftskrisen zu reduzieren. Ausnahmen für Investitionen – wie sie immer wieder gefordert werden – würden dem Pakt einen Bärendienst erweisen: Sie würden Komplexität und Streitanfälligkeit erhöhen und den Pakt damit schwächen. Darüber hinaus hat sich die Union insbesondere dafür eingesetzt, die Verfahren zur Durchsetzung des Regelwerks effektiver auszugestalten. Hierzu gehören geringere Ermessensspielräume, eine objektive Überwachung der Einhaltung und ein regelbasiertes Verfahren für die Ausnahmeklausel. Der dauerhafte Zusammenhalt in der EU darf nicht gefährdet werden. Den Plänen zu einer Vergemeinschaftung von Schulden in der EU muss eine klare Absage erteilt werden.
Die Woche im Parlament
1. Weitere Initiativen unserer CDU/CSU-Fraktion
In erster Lesung hat der Bundestag den CDU/CSU-Antrag Mit steuerlichen Maßnahmen Wärmewende beschleunigen beraten. Im Gebäudesektor ist eine deutliche Steigerung der energetischen Sanierungen notwendig. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu Erreichung der Klimaziele. Mit diesem Antrag werden die zahlreichen Hürden im Steuerrecht aufgezeigt, die der Erreichung dieses Ziels entgegenstehen. Das – sowie zahlreiche weitere Punkte – muss geändert werden, insbesondere mit folgenden Maßnahmen: Vermieter neu zu bauender Gebäude sollen eine Sonderabschreibung geltend machen können. Für Vermieter bestehender Gebäude sollen die anschaffungsnahen Herstellungskosten reformiert werden, Selbstnutzern neu zu bauender Gebäude soll ein Sonderausgabenabzug ermöglicht werden, für Selbstnutzer bestehender Gebäude die energetische Sanierung überarbeitet, WEGs unter die Stromeigenversorgung des EEG gefasst und für alle Steuerpflichtigen steuerliche Erleichterungen bei PV-Anlagen geschaffen werden.
Die Wolfspopulation in Deutschland wächst. Die daraus resultierenden zunehmenden Schäden durch Angriffe auf Weide- und Haustiere rücken weiter in den Vordergrund. Mit dem Antrag Ausgewogene Balance zwischen dem Schutz von Mensch und Tier sowie dem Artenschutz herstellen – Bejagung des Wolfes im Rahmen eines Bestandsmanagements ermöglichen hat die Union die berechtigten und zunehmenden Sorgen der Weidetierhalter sowie der Bevölkerung in den ländlichen Regionen aufgegriffen. Im Jahr 2020 wurden rund 4.000 Weidetiere – überwiegend Schafe, aber auch Rinder und Pferde – von Wölfen getötet. Die bisherigen Präventionsmaßnahmen haben nicht die gewünschten Erfolge gebracht. Deswegen braucht es jetzt ein aktives Wolfsbestandsmanagement. Konkret wird die Bundesregierung u.a. dazu aufgefordert, den Erhaltungszustand des Wolfes unverzüglich zu definieren und eine rechtssichere Entnahme zu ermöglichen. Nur durch die längst überfällige Bestätigung eines guten Erhaltungszustands der Wolfspopulation in Deutschland sowie durch ein nachhaltiges Bestandsmanagement können die berechtigten Interessen der Bevölkerung, der Weidetierhalter und des Artenschutzes unter einen Hut gebracht werden.
Mit dem Antrag Bewusste Kaufentscheidungen fördern – Verlässliche und relevante Verbraucherinformation stärken haben CDU und CSU bessere Informationen für Verbraucher beim Kauf von Produkten, Dienstleistungen und beim Nutzen digitaler Dienste gefordert. Ohne aussagekräftige und verlässliche Informationen können Verbraucher keine bewussten und selbstbestimmten Kaufentscheidungen treffen. Besonders hervorzuheben ist der Vorschlag für mehr Transparenz bei den Kraftstoffpreisen: Die Mineralölunternehmen sollen verpflichtet werden, ihre Preisbestandteile an die Markttransparenzstelle beim Bundeskartellamt zu melden. So kann diese besser einschätzen, ob staatliche Entlastungen tatsächlich an die Verbraucher weitergegeben werden.
Ehrenamtliche Richterinnen und Richter leisten einen wichtigen Dienst in der Justiz und für die Gesellschaft. Ihr Einsatz ist in der deutschen Rechtsprechung ein wichtiges Element, um die demokratische Legitimation in der Justiz sichtbar werden zu lassen. Sie sind ein wichtiges Bindeglied zwischen Staat und Gesellschaft. Der Antrag Schöffenrecht reformieren – Richterliches Ehrenamt stärken, der in dieser Woche erstmalig beraten wurde, fordern CDU und CSU die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das Schöffenrecht modernisiert und mit besonderem Fokus auf die nachfolgenden Punkte anpasst. Insbesondere soll hierdurch eine Verbesserung der Freistellungsregelungen für ehrenamtliche Richterinnen und Richter erreicht werden, der Kündigungsschutz gemäß § 45 Abs. 1a DRiG verbessert und die Altershöchstgrenze von 70 auf 75 Jahre bei Schöffinnen und Schöffen angepasst werden.
Gegenwärtig finden im Europäischen Parlament und im Rat der Europäischen Union Verhandlungen zur Europäischen Verordnung für Künstliche Intelligenz statt. Die Bundesregierung ist über den Rat an den Verhandlungen beteiligt. In den kommenden Wochen und Monaten stehen bei dem EU-Gesetzgebungsvorhaben zentrale Weichenstellungen an. In diesem Themengebiet ist eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Thema notwendig, was der Unions-Antrag Europäische KI-Verordnung – Raum lassen für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit einfordert. Die Bundesregierung soll sich aktiv und mit einer klaren Linie an den Verhandlungen im Rat beteiligen. Interne Streitigkeiten der Ampel-Regierung haben die Festlegung einer Position im Rat seit Beginn des Jahres immer wieder verzögert. Mit der KI-Verordnung muss ein innovationsoffenes Umfeld in Europa geschaffen werden, um im globalen Wettbewerb bei KI bestehen können.
In dieser Sitzungswoche wurde eine „Vereinbarte Debatte“ zu den sechs Nachhaltigkeitsprinzipien der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie geführt. Mit Einbringung des Antrags Nachhaltige Entwicklung krisenfest machen – Schulden abbauen, Infrastruktur stärken, Erneuerbare Energien ausbauen, Ernährung sicherstellen hat die Union ihre Vorstellungen zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie dargelegt. Nachhaltiges Wachstum erfordert, den wirtschaftlichen Fortschritt vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Geschlossene Stoffkreisläufe sorgen für neue wirtschaftliche Potenziale und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Als eines der wirtschaftlich leistungsfähigsten Länder der Welt steht Deutschland vor großen Herausforderungen. Zum einen stehen Transformationsprozesse von Gesellschaft und Wirtschaft hin zur Klimaneutralität und zur Digitalisierung aller Lebensbereiche sowie der Erhalt und Ausbau der Versorgungssicherheit auf der Tagesordnung. Zum anderen haben Krisen wie die COVID19-Pandemie und der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine unmittelbare Auswirkungen auf das Leben der Menschen in unserem Land. Der Antrag ist eine klare Forderung an die Bundesregierung, auf einen Weg zurückzukehren, der nachhaltige Entwicklung möglich macht.
2. Sonstige Tagesordnungspunkte
Es wurden mehrere Entwürfe der Bundesregierung mit energiepolitischem Schwerpunkt beraten: Das Zweite Gesetz zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes soll die thermische Abfallverwertung (Abfallverbrennung) ab Januar 2023 mit einer CO2-Bepreisung versehen. Dies wäre ein nationaler Sonderweg, denn bisher gibt es für Abfallverbrennung auf europäischer Ebene keine solche CO2-Bepreisung. Die CO2-Bepreisung belastet die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen mit mehreren Hundert Millionen Euro im Jahr zusätzlich. Sie führt zu höheren Müllgebühren. Haushalte mit geringem Einkommen werden dabei überproportional stark belastet. Von Seiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird der Entwurf deshalb kritisch gesehen. Mit der Verordnung nach § 26 des Energiesicherungsgesetzes über einen finanziellen Ausgleich durch eine saldierte Preisanpassung will die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen für eine Vereinfachung des Wechsels von Gas auf andere Energieträger sowie für eine Ausweitung der Stromproduktion aus Photovoltaik und Biogas umsetzen. Mit dem Vierzehnten Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), das in erster Lesung beraten wurde, werden Sonderregelungen zur Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen von Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG sowie weitere Verfahrenserleichterungen vorgesehen, wenn das Verfahren in einem Zusammenhang mit der Gasmangellage durchzuführen ist. Hierdurch soll der Brennstoffwechsel in Anlagen ermöglicht und erleichtert werden. Darüber hinaus wurde mit der Verordnung zur Änderung der Gaspreisanpassungsverordnung über Anpassungen bei der Gasumlage abgestimmt. Nachdem die Bundesregierung die Umlage in den letzten Wochen gegen begründete Kritik noch massiv verteidigt hat, ist sie nun auf einen kritischen Kurs eingeschwenkt und hat sich den Argumenten der Union weitgehend angeschlossen. Die Unionsfraktion fordert weiterhin, die Gasumlage unverzüglich aufzuheben.
In erster Lesung hat das Plenum den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen beraten. Der persönliche Anwendungsbereich dieses Gesetzes soll alle Personen umfassen, die in ihrem beruflichen Umfeld Informationen über Verstöße erlangt haben. Der sachliche Anwendungsbereich bezieht sich insbesondere auf bestimmte Verstöße gegen europarechtliche Vorschriften, aber auch eine Vielzahl von Verstößen aus anderen Rechtsbereichen. Für hinweisgebende Personen sollen mit internen und externen Meldekanälen zwei gleichwertig nebeneinanderstehende Meldewege vorgesehen werden. Die Pflichten gelten für Unternehmen ab 50 Beschäftigten. CDU und CSU lehnen den Gesetzentwurf ab. Er geht über die Vorgaben der Richtlinie hinaus. So wird der sachliche Anwendungsbereich auch auf zahlreiche Verstöße in spezialgesetzlichen Rechtsgebieten erstreckt. Hiermit gehen erhebliche zusätzliche Belastungen für die deutsche Wirtschaft einher, die zu Wettbewerbsnachteilen deutscher Unternehmen führen können. Der Gesetzentwurf sollte sich daher auf eine 1:1-Umsetzung beschränken und nur Verstöße gegen die in der Richtlinie genannten EU-Rechtsakte erfassen.