Die vergangene Plenarwoche stand im Lichte der Verabschiedung des Bundeshaushalts, dem Krieg in der Ukraine und der Einigung der Unionsparteien mit der Ampel-Koalition bezüglich des Sondervermögens für die Bundeswehr.
Der verabschiedete Bundeshaushalt 2022 wird den Herausforderungen der Gegenwart nicht gerecht. Die Bundesregierung setzt auf Schulden, Schulden, Schulden. Für den Koalitionsfrieden wird Geld mit der Gießkanne verteilt. Die angekündigte Zeitenwende, die eine echte Prioritätensetzung erfordert hätte, fällt somit aus. Auch liefert der Bundeshaushalt keine Antworten auf die hohe Inflation, unter der viele Menschen ganz konkret leiden. Die hohe Neuverschuldung belastet über unnötig hohe Tilgungen und Zinsen zukünftige Generationen. Statt eine zielgerichtete Personalbremse durchzusetzen, wird der Staatsapparat immer weiter aufgebläht. Statt einer ehrlichen Neubewertung des Koalitionsvertrages hat sich die Regierung für ein buntes „Wünsch-Dir-was!“ entschieden. All dies führt zu fehlenden Weichenstellungen durch die Ampel und im Ergebnis zu einem Haushalt der vertanen Chancen. Die Zeitenwende fällt aus.
Nach Auffassung der Unionsfraktionen war eine Senkung der Neuverschuldung im Umfang von 88 Mrd. Euro möglich – trotz des von der Union geforderten Entlastungspaketes mit einem Volumen von 40 Mrd. Euro. Das hierfür erforderliche Auflösen einer aus den Haushaltsüberschüssen der Jahre 2015-2019 gespeisten Rücklage (48,2 Mrd. Euro) und ein Rückabwickeln des aus unserer Sicht verfassungswidrigen 2. Nachtragshaushaltes 2021 (60 Mrd. Euro) ist geboten.
Am letzten Wochenende wurde ein sehr wichtiger Verhandlungserfolg erzielt – und zwar für die Bundeswehr. Das geplante Sondervermögen in Höhe von 100 Mrd. Euro kommt ausschließlich der Bundeswehr zugute. Nachdem das Sondervermögen in Anspruch genommen wurde, werden die weiter erforderlichen Mittel zur Erreichung der dann gültigen NATO-Fähigkeitsziele bereitgestellt. So werden die Voraussetzungen für eine nachhaltige Stärkung und bessere Ausstattung der Bundeswehr geschaffen. Die Realisierung des Sondervermögens wird von einem beratenden Gremium des Haushaltsausschusses konstruktiv-kritisch begleitet. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause wird eine Initiative zur Beschleunigung der Beschaffung auf den Weg gebracht werden. Auch eine Tilgung innerhalb eines angemessenen Zeitraums wurde vereinbart. Die sechs Kernforderungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurden somit alle durchgesetzt.
Am 28. April 2022 hat der Deutsche Bundestag die Bundesregierung zur intensiven Unterstützung der Ukraine, zur Lieferung auch schwerer Waffen für die Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg aufgerufen. Der Beschluss erfolgte mit überwältigender Mehrheit, auch mit den Stimmen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie denen der Regierungsfraktionen. Die Bundesregierung hat diesen eindeutigen Auftrag des Parlaments bisher ignoriert. Stattdessen sind von den Koalitionären widersprüchliche Aussagen zu vermeintlichen Absprachen innerhalb der NATO – von denen außerhalb der Bundesregierung offenbar noch niemand gehört hat, zu hören.
Bei allem offenen Streit in der Koalition ist klar: Das Problem sitzt im Kanzleramt. Bundeskanzler Scholz bremst effektive Waffenlieferungen weiter aus. Er missachtet den klaren Willen des Parlaments. Das Ansehen Deutschlands bei unseren Verbündeten ist auf einem Tiefpunkt. Der politische Druck wird weiter erhöht werden, damit dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 28. April 2022 endlich auch Taten der Bundesregierung folgen.
Im Einzelnen:
Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung.
In abschließender zweiter und dritter Lesung hat der Deutsche Bundestag dieses Gesetz beschlossen, mit dem die Ampelkoalition insbesondere den Mindestlohn auf 12 Euro pro Stunde (brutto) anhebt – ab dem 1. Oktober 2022. Unsere Einwände richten sich nicht gegen die Höhe des Mindestlohns. Ein Mindestlohn in Höhe von 12 Euro ist richtig, um Beschäftigte vor unangemessen niedrigen Löhnen zu schützen. Der von der Bundesregierung geplante Weg, die politische Festlegung der Höhe des Mindestlohns ohne Einbindung der mit dem Mindestlohngesetz von 2014 geschaffenen Mindestlohnkommission – in der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und die Wissenschaft vertreten sind – ist dagegen falsch. Denn die Lohnfindung liegt in der sozialen Marktwirtschaft in den Händen der Sozialpartner und nicht beim Staat. Die Mindestlohnkommission ist eine gut begründete Ausnahme. Mit dem Gesetz werden die Kommission und die Sozialpartner entmachtet. Das Lohngefüge in einer Vielzahl von Tarifverträgen muss neu justiert werden. Damit schwächt die Ampelkoalition – entgegen ihrer eigenen Verabredung im Koalitionsvertrag – die Sozialpartnerschaft und die Tarifautonomie in Deutschland. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich deshalb bei der Abstimmung enthalten und eigene Vorstellungen sowie ergänzende Vorschläge in einem ausführlichen Entschließungsantrag dargelegt.
Beschluss des Bundestages gemäß Artikel 115 Absatz 2 Satz 6 und 7 des Grundgesetzes.
Der Ampel-Entwurf für den Bundeshaushalt sieht eine Neuverschuldung von knapp 140 Mrd. Euro vor – und damit mehr als nach der Schuldenbremse des Grundgesetzes eigentlich zulässig. Aus diesem Grund muss der Bundestag erneut mit Kanzlermehrheit die Ausnahme von der Schuldenbremse gemäß Artikel 115 Absatz 2 des Grundgesetzes beschließen. Aufgrund der fortbestehenden Auswirkungen Corona-Pandemie liegt nach Auffassung der Regierungskoalition eine außergewöhnliche Notsituation vor, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die wiederum den Beschluss gem. Art. 115 Absatz 2 des Grundgesetzes rechtfertigt.
Gesetz zur Rentenanpassung 2022 und zur Verbesserung von Leistungen für den Erwerbsminderungsrentenbestand.
Die Ampel hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, den Nachholfaktor in der Rente wiedereinzuführen und Verbesserungen für Bestands-Erwerbsminderungsrentner vorzunehmen. Mit dem in zweiter und dritter Lesung verabschiedeten Gesetz sollen diese Maßnahmen nun umgesetzt werden. Aus Sicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind die Verbesserungen für Bestands-Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner zu begrüßen. Diese konnten bisher nicht von den Verbesserungen profitieren, die durch gesetzliche Änderungen 2014 und 2018 den neuen Erwerbsminderungsrentnern zugutekamen. Kritisch zu sehen ist jedoch, dass diese Änderungen erst zum 1. Juli 2024 in Kraft treten. Dieser Zeitpunkt erscheint zu spät und sollte vorgezogen werden. Mit Blick auf die Generationengerechtigkeit und die Zukunftsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung begrüßen wir auch die Wiedereinführung des Nachholfaktors im Grundsatz. Die Rentnerinnen und Rentner werden damit im Sinne des Grundprinzips der dynamischen Rente wieder stärker an der allgemeinen Lohnentwicklung beteiligt – auch im negativen Sinne bei einer sinkenden Lohnentwicklung. Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Streichung eines Teils der Bundeszuschüsse an die Rentenkasse kritisiert die Union. Sie beeinträchtigt die nachhaltige Finanzierung der allgemeinen Rentenversicherung. Zur Aufhebung dieser Streichung hat die Union im Plenum des Bundestages einen Änderungsantrag gestellt.