Tagesordnungspunkt 9:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes
Drucksache 18/910, 18/1283
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)
Drucksache 18/1359
Vizepräsidentin Claudia Roth: Nächster Redner in der Debatte ist Wilfried Oellers für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wilfried Oellers (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute beraten und beschließen wir das dem die Fleischindustrie als weitere und damit 14. Branche in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen werden soll.
Dieses Änderungsgesetz ist der Beweis dafür, dass der Staat entschlossen gegen Missstände in unserem Land vorgeht. Denn was fanden wir vor? Medien berichteten über menschenunwürdige Bedingungen für Arbeitnehmer in der Fleischindustrie. Die Rede war von Dumpinglöhnen und miserablen Arbeitsbedingungen, die in keinster Weise zu tolerieren sind. Die Bevölkerung war zu Recht schockiert und empört. Karl Schiewerling schilderte die Gesamtsituation im Rahmen der ersten Lesung.
Gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat man in der letzten Legislaturperiode nicht sofort gesetzliche Regelungen erlassen. Vielmehr hat man den Arbeitgebern die Möglichkeit eröffnet, die Angelegenheit in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern zu bereinigen. Andernfalls wären gesetzliche Regelungen die Folge gewesen. Die Arbeitgeber gründeten auf diesen Druck hin einen Arbeitgeberverband und traten mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten in Tarifverhandlungen ein.
Die erfreuliche Nachricht erfuhren wir dann am 13. Januar 2014: Die Tarifvertragsparteien hatten sich auf einen Tarifvertrag verständigt und einen bundeseinheitlichen Mindestlohn vereinbart. Bei Zustimmung zum hier vorliegenden Gesetzesentwurf gilt für die Fleischindustrie ab dem 1. Juli 2014 ein bundeseinheitlicher Mindestlohn von 7,75 Euro. Nach einer Anhebung des Mindestlohns zum 1. Dezember 2014 auf 8 Euro und einer weiteren Anhebung zum 1. Oktober 2015 auf 8,60 Euro erreicht der Mindestlohn zum 1. Dezember 2016 einen Betrag von 8,75 Euro. Wohlgemerkt: Das gilt auch für die in Rede stehenden Werkverträge, was besonders hervorzuheben ist.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gabriele Groneberg [SPD])
Um jedoch eine bundesweite Wirkung des Tarifvertrages zu erreichen, ist eine Aufnahme des Tarifvertrages in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz zwingend erforderlich. Auch wenn an den geregelten Lohnstufen Kritik geübt wird, so ist hier jedoch hervorzuheben, dass diese Mindestlöhne von den Tarifvertragsparteien vereinbart worden sind. Auch wenn der Mindestlohn von 8,50 Euro, so wie er im Koalitionsvertrag vereinbart ist, nicht schon zum 1. Januar 2015 erreicht wird, sondern erst später, so ist doch hervorzuheben, dass es sich hier um eine tarifvertragliche Vereinbarung handelt. Jeder, der dem hier vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmt, akzeptiert damit nicht die Vereinbarung der Tarifvertragsparteien und missachtet zudem den Grundsatz der Tarifautonomie.
Da die Union die Vereinbarung der Tarifvertragsparteien und ihren Wunsch auf Aufnahme in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz respektiert, werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen. Damit stimmen wir für die Beseitigung von unwürdigen Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie, für die Schaffung eines tarifvertraglichen Systems und damit für geordnete Arbeitsbedingungen in der Fleischbranche.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Tarifautonomie wird hierdurch ebenfalls gestärkt.
(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Genau!)
Schließlich dient dieser Tarifvertrag auch dazu, einen fairen und funktionierenden Wettbewerb zu gewährleisten. Denn auch wenn die gesamte Branche und selbst die Landwirtschaft, die nun gar nichts mit den Missständen zu tun hatte und zu Unrecht damit in Zusammenhang gebracht wurde, unter Generalverdacht gerieten, ist festzuhalten, dass nicht in der gesamten Fleischbranche unwürdige Arbeitsbedingungen herrschten. Viele Unternehmer in dieser Branche zahlten ihren Mitarbeitern schon vorher vernünftige Löhne. Diejenigen, die das nicht taten, erlangten dadurch zu Unrecht einen Wettbewerbsvorteil. Das ist jetzt nicht mehr möglich.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Der im Frühjahr 2013 eingeleitete Prozess kommt somit zu seinem verdienten Erfolg und kann nun weiterentwickelt werden. Die Union hat sich hierfür massiv eingesetzt und damit maßgeblich dafür gesorgt, dass die Missstände in der Fleischindustrie beseitigt werden.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kann sich die CDU dafür einsetzen, dass es genügend Kontrollen gibt!)
Wie gesagt: Die Union stimmt dem Antrag daher zu. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass wir den Änderungsanträgen ebenfalls zustimmen, die lediglich berichtigenden und klarstellenden Charakter haben.
Abschließend sei Folgendes erwähnt: Die Stellungnahme des Bundesrates vom 11. April 2014 zum Gesetzentwurf ist insoweit interessant, als die Haftungsregelung für Unternehmer nach § 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes infrage gestellt wird. Hiernach haftet der Generalunternehmer verschuldensunabhängig für die Zahlung der Löhne des von ihm beauftragten Subunternehmers, wenn dieser die Löhne an seine Arbeitnehmer nicht gezahlt hat.
Der Bundesrat weist nach meiner Auffassung zu Recht darauf hin, dass nach dieser Vorschrift die Gefahr besteht, dass ein redlicher Generalunternehmer, der seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem von ihm beauftragten Subunternehmer nachgekommen ist und den Subunternehmer sorgfältig ausgesucht hat, in die Situation kommt, zweimal zahlen zu müssen, obwohl er sich vertragstreu und korrekt verhalten hat.
Auch wenn die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung der Schaffung eines Hilfsfonds zu Recht abzulehnen ist, da dies für Missbrauch durch unredliche Unternehmer gegenüber den redlichen Unternehmern Tür und Tor öffnen würde, so ist es nach meiner Auffassung geboten, eine Lösung für diese Problemstellung zu erarbeiten.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)