Tagesordnungspunkt 6:
a) Beratung des Antrags der Fraktion DIE LINKE.
Das unbefristete Arbeitsverhältnis zur Regel machen
Drucksache 18/1874
b) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion DIE LINKE.
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abschaffung der sachgrundlosen Befristung
Drucksache 18/7
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)
Drucksache 18/879
Vizepräsident Peter Hintze: Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Wilfried Oellers, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wilfried Oellers (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute zwei Vorlagen der Fraktion Die Linke zur Befristung von Arbeitsverhältnissen nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz. In Ihrem Gesetzentwurf geht es um die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung. Ihr Antrag trägt den Titel „Das unbefristete Arbeitsverhältnis zur Regel machen“.
(Beifall bei der LINKEN)
– Ich habe Sie zunächst einmal nur zitiert.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja, eben! Richtig so! – Heiterkeit bei der LINKEN)
Zunächst sei dazu Folgendes erwähnt: Als Neuling hier im Hause war ich im Rahmen des Verfahrens schon überrascht, Ihren Gesetzentwurf zur Abschaffung der sachgrundlosen Befristung zu lesen. Grund hierfür war, dass dieses Thema hier bereits in der letzten Legislaturperiode – es war im Jahre 2010 – beraten worden ist.
(Michael Schlecht [DIE LINKE]: Man muss das doch wiederholen!)
Interessant war in diesem Zusammenhang, zu erfahren, dass Sie nun den gleichen Gesetzentwurf einbringen, den in der letzten Wahlperiode die SPD-Fraktion eingebracht hat.
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Aber er ist ja nicht falsch, nur weil er schon mal eingebracht wurde!)
Ihr Gesetzentwurf datiert vom 23. Oktober 2013; das war unmittelbar nach der Konstituierung des 18. Deutschen Bundestages, als die Koalitionsverhandlungen stattfanden. Das ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass Sie die SPD-Fraktion vorführen wollen und nicht an einer sachlichen Diskussion interessiert sind.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Für mich ist das schlicht und ergreifend eine Sauerei. Das muss an dieser Stelle einmal deutlich gesagt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der LINKEN)
Zudem sind Ihre Vorlagen in sich widersprüchlich und unschlüssig. Das stellt man fest, wenn man sich die Zahlen und Fakten genau anschaut. In Ihrem Antrag schreiben Sie, dass Sie unbefristete Arbeitsverhältnisse zur Regel machen wollen. Wenn man sich die Zahlen genau anschaut, stellt man jedoch fest: Dies ist bereits der Fall, auch nach dem derzeitigen Teilzeit- und Befristungsgesetz. Seit 2006 liegt der Anteil der befristeten Arbeitsverhältnisse in Deutschland gleichbleibend bei unter 9 Prozent. Das heißt im Umkehrschluss, dass 91 Prozent der Arbeitsverhältnisse unbefristeter Natur sind.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Entscheidend sind doch die Zahlen für die neu zu besetzenden Jobs!)
Damit ist das unbefristete Arbeitsverhältnis bereits die Regel und nicht die Ausnahme, wie von Ihrer Seite hier fälschlicherweise vorgetragen wird.
Vizepräsident Peter Hintze: Herr Kollege, es gibt eine Flut von Wünschen nach einer Zwischenfrage; nein, es sind nur zwei. Der Herr Kollege Ernst und die Frau Kollegin Krellmann wollen eine Zwischenfrage stellen. Wollen Sie sie zulassen, oder wollen Sie weitersprechen?
Wilfried Oellers (CDU/CSU): Nein, ich möchte sie nicht zulassen. Das muss sich die Fraktion Die Linke jetzt einmal anhören.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Machen wir!)
Ich habe gerade gesagt, dass 91 Prozent der Arbeitsverhältnisse unbefristeter Natur sind. Das ist ein eindeutig positives Signal für Deutschland und vor allen Dingen auch für das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Daneben ist die Zahl der befristeten Neueinstellungen seit 2011 von seinerzeit etwas unter 1 Million auf nunmehr etwas unter 900 000 gesunken. Relativ gesehen ist die Zahl der befristeten Neueinstellungen sogar bereits seit 2009 von 47 auf 42 Prozent zurückgegangen. Von einem Missbrauch der befristeten Arbeitsverhältnisse kann daher nicht die Rede sein.
Weiter kommt das IAB auch zu dem eindeutigen Ergebnis, dass sachgrundlose Befristungen häufig das Sprungbrett in eine unbefristete Beschäftigung bzw. in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis sind. Die Übernahmequote ist von 30 Prozent im Jahre 2009 auf derzeit 39 Prozent gestiegen. Das ist eine absolut positive Entwicklung, und diese sollten wir nicht durch eine Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes aufhalten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es muss uns doch ein Anliegen sein, Menschen in Beschäftigung zu bekommen. Ob das befristet oder unbefristet ist, sollte in meinen Augen zunächst einmal egal sein, da es besser ist, zunächst einmal befristet als gar nicht beschäftigt zu sein. Wir wissen, dass die Menschen mit befristeten Beschäftigungsverhältnissen auch eine Beschäftigung haben. Das wüssten wir nicht – und wir können uns auch kein Urteil darüber erlauben, ob das so wäre –, wenn es diese Möglichkeit nicht gäbe.
Wenn man die positive Entwicklung bei den Übernahmequoten sieht, die ich eben erwähnt habe, dann erkennt man, dass es keine schlechte Aussicht ist, zunächst ein befristetes Arbeitsverhältnis aufzunehmen. Dabei ist ausdrücklich zu betonen, dass eine sachgrundlose Befristung, wie sie angesprochen worden ist, nur für zwei Jahre erfolgen kann. Ihr Beispiel wäre sicherlich einmal juristisch zu überprüfen. Ob das nicht geschehen ist, kann ich nicht beurteilen. Rein rechtlich kann dies aber nur für zwei Jahre erfolgen. Sicherlich ist mir in diesem Zusammenhang natürlich auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bekannt. Diese Rechtsprechung des höchsten Arbeitsgerichts in Deutschland sollte man hier im Hause auch einmal akzeptieren.
Zudem sei erwähnt, dass eine Befristung mit Sachgrund ohne zeitliche Begrenzung vorgenommen werden kann. Wenn Sie also Ihr Ansinnen konsequent fortsetzen würden, dann müssten Sie die vollständige Aufhebung des § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz verlangen. Das tun Sie hier nicht, und daher ist Ihr Antrag in sich schon einmal unschlüssig.
Die Befristungsmöglichkeiten nach § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz sollten so bestehen bleiben, wie sie sind, da sie sich als arbeitsmarktpolitisches Instrument absolut bewährt haben. Wir müssen schon schauen, dass wir den Unternehmen auch flexible Instrumente an die Hand geben, um auf besondere wirtschaftliche Situationen reagieren zu können, wie zum Beispiel bei Auftragsspitzen.
Ich betone noch einmal, dass fast 40 Prozent der befristeten neuen Arbeitsverhältnisse in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt werden. Von Missbrauch kann hier keine Rede sein,
(Beifall bei der CDU/CSU)
zumal es die meisten befristeten Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Sektor und nicht in der freien Wirtschaft – ich denke, Ihr Vorwurf zielt in diese Richtung – gibt.
(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Das müsste doch auch Sie von der Fraktion Die Linke überzeugen.
(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Nein!)
Insgesamt ist zu bewerten, dass sämtliche Zahlen und auch Feststellungen des IAB gegen Ihren Antrag sprechen. Dieser neutralen Einrichtung sollten Sie einmal Glauben schenken, meine Damen und Herren der Fraktion Die Linke.
Im Übrigen erlaube ich mir, auf den Inhalt des Protokolls aus dem Jahre 2010 zu diesem Thema zu verweisen, um die Diskussion hier nicht unnötig in die Länge zu ziehen.
In der Hoffnung, dass wir nun nicht jedes Jahr über solche Gesetzentwürfe und Anträge zu debattieren haben, bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)