08.02.2018
Heinsberger Nachrichten
Zufriedenheit bei Oellers, Misstrauen bei Spinrath
Reaktionen des CDU-Bundestagsabgeordneten und des SPD-Kreisvorsitzenden auf den Koalitionsvertrag . Der Christdemokrat verweist auf viele durchgesetzte Forderungen. Der Sozialdemokrat kritisiert schwammige Formulierungen.
Kreis Heinsberg. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Wilfried Oellers aus Heinsberg äußerte am Mittwoch in seiner ersten Bewertung des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD die Einschätzung, dass dieses Papier „für die restliche Zeit dieser Legislaturperiode eine gute Grundlage ist, gute Regierungsarbeit für Deutschland zu leisten“. Viele Forderungen aus dem Regierungsprogramm der CDU seien durchgesetzt worden, stellte Oellers zufrieden fest und nannte beispielhaft die Familienpolitik mit Erhöhung des Kindergeldes, Anpassung des Kinderfreibetrages und Einführung des Baukindergeldes, aber auch die Steuerpolitik: Es werde keine Steuererhöhung und keine Mehrbelastung für die Bürger geben, vielmehr werde es mit dem Einstieg in die Abschaffung des Solidaritätszuschlages eine Steuerentlastung geben. Entlastungen für Arbeitnehmer werde es aber auch durch die Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung und durch die Rückkehr zur Parität zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in der Krankenversicherung geben. Mit Blick auf die Ressortverteilung räumte Oellers ein, dass „wir gerne das Finanzministerium in unseren Händen behalten hätten“. Es müsse aber nun einmal Kompromisse geben: „Dafür bekommen wir das Wirtschaftsministerium.“ In der Sitzung der Bundestagsfraktion von CDU und CSU in Berlin habe es am Mittwochnachmittag zwar keine Abstimmung gegeben, der Grundtenor sei aber von Zustimmung geprägt gewesen. Auch beim Bundesparteitag der CDU am 26. Februar erwarte er „eine klare Zustimmung“. Ob es diese Zustimmung auch von Seiten der SPD-Mitglieder geben wird? „Das kann ich schwer abschätzen“, so Oellers. „Ich denke aber, dass dies ein Papier ist, in dem sich die SPD wiederfindet.“ Dies zu bewerten, sei aber letztlich eine Entscheidung, die allein die SPD zu treffen habe.
Der SPD-Kreisvorsitzende Norbert Spinrath wollte unter Verweis auf die 177 Seiten des Koalitionsvertrages am Mittwoch noch keine abschließende Bewertung vornehmen. Der Einschätzung der Parteispitze, der Vertrag trage in einem großen Maße sozialdemokratische Handschrift, widerspreche er zwar nicht, aber bei ihm würden Misstrauen und Skepsis bleiben: „Können wir das in dieser Koalitionskonstellation tatsächlich umsetzen?“ Dass Forderungen der SPD nur zum Teil hätten erfüllt werden können, liege in der Natur eines Kompromisses. Aber teilweise sei der Vertrag „so schwammig formuliert, dass große Deutungsspielräume bleiben“. Aus seiner Sicht wäre es klüger gewesen, „Dinge belastbarer zu formulieren“. So solle beispielsweise mit Blick auf die Angleichung der Arzthonorare für gesetzlich und für privat Versicherte eine Kommission eingesetzt werden. Ob deren Vorschläge umgesetzt würden, werde aber erst danach entschieden. Auch bei der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen solle zwar eine Eindämmung erfolgen, aber sie werde „nicht hinreichend komplett abgeschafft“, monierte Spinrath. Martin Schulz, den früheren Präsidenten des Europäischen Parlaments, hält er für die „beste Besetzung“ im Amt des Außenministers. Doch ein solcher Schritt von Schulz werde, da er ein Ministeramt für sich persönlich unter einer Kanzlerin Angela Merkel ausgeschlossen habe, von vielen in der Partei kritisch gesehen. Nun haben die SPD-Mitglieder (rund 960 gibt es laut Spinrath im Kreis Heinsberg, davon etwa 20 neue seit Jahresbeginn) das Wort. Wie werden diese im Kreis und bundesweit abstimmen? Dazu wollte der SPD-Kreisvorsitzende am Mittwoch keine Prognose wagen: „Das kann ich wirklich nicht sagen.“ Angekündigt wurde von ihm ein intensiver parteiinterner Diskussionsprozess auf Kreisebene in den nächsten drei Wochen. (disch)
SPD-Politiker Norbert Spinrath: „Wechsel“ vom Bundestag in den Kreistag
Norbert Spinrath, der von 2013 bis 2017 Mitglied des Bundestages war und dort als europapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion agierte, aber bei der Wahl im September den erneuten Sprung ins Parlament auf seinem Listenplatz 23 der SPD in NRW verpasste, ist als „Koppelkandidat“ der Nachrücker für das am Neujahrstag im Alter von 64 Jahren gestorbene Kreistagsmitglied Hans-Jürgen Wilhelm Plein aus Geilenkirchen. Spinrath, der als SPD-Kreisvorsitzender bereits beratendes Mitglied im Vorstand der SPD-Kreistagsfraktion war und versuchte, diese Aufgabe, „soweit es möglich war“, wahrzunehmen, freut sich darauf, nun tiefer in die Kreiskommunalpolitk einzusteigen, wenngleich die Umstände, unter denen dies geschehe, „bestürzend“ seien. Mit Jürgen Plein habe die SPD „einen sehr, sehr engagierten Menschen“ verloren. Spinrath sieht sein eigenes Tätigkeitsfeld in der Kreispolitik vor allem im Ausschuss für Gesundheit und Soziales. Beruflich wird er zum 1. März als Polizeibeamter in den Landesdienst zurückkehren. Zu Gerüchten, er könnte 2020 nächster Bürgermeisterkandidat der SPD in Geilenkirchen werden, sagte er auf Nachfrage, das habe er zwar auch gehört, aber: „Das ist noch so lange hin. Es sind noch keine Gespräche geführt worden.“
Auch in der CDU-Fraktion im Kreistag gibt es neue Gesichter: Frank Thies (Erkelenz) und Siegfried Przibylla (Erkelenz) sind zum Jahreswechsel ausgeschieden. Nachrücker sind laut Bekanntmachung des Kreises Leonard Lausberg (Heinsberg) und Achim Wilms (Erkelenz). (disch)