18.10.2017
Heinsberger Nachrichten
Abgeordnete aus der Region fordern die Bundesregierung auf, sich stärker für das Abschalten der umstrittenen belgischen Atommeiler einzusetzen. Das müsse Thema der Jamaika-Verhandlungen sein.
Aachen. Die Forderung nach einer Abschaltung des umstrittenen belgischen Atommeilers Tihange 2 muss in einen möglichen Jamaika-Koalitionsvertrag. Das sagte Oliver Krischer, Bundestagsabgeordneter aus Düren und Vize-Fraktionschef der Grünen. „Die künftige Bundesregierung muss das Thema mit mehr Nachdruck als bisher verfolgen“, sagte Krischer bei einem Redaktionsbesuch.
Auch die Kanzlerin ist gefragt
Die Dürener FDP-Abgeordnete Katharina Kloke und der CDU-Abgeordnete Wilfried Oellers aus dem Kreis Heinsberg unterstützen diese Forderung. Schließlich setzt sich auch die schwarz-gelbe NRW-Regierung für ein Abschalten des grenznahen Meilers Tihange 2 ein. Die Dringlichkeit müsse man mit noch mehr Nachdruck nach Berlin tragen, sagte Kloke.
Gut möglich, dass das künftig die Aufgabe eines grünen Ministers sei, sagte Krischer. Man dürfe das Thema Tihange aber nicht nur beim Umweltminister abladen. Die aktuelle Umweltministerin, Barbara Hendricks (SPD), habe zu wenig Unterstützung seitens der Union in der Frage erhalten, monierte Krischer. Hendricks hatte zwar gefordert, die Meiler Tihange 2 und auch Doel 3 bei Antwerpen wegen tausender Haarrisse in den Reaktordruckbehältern zumindest vorübergehend abzuschalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich aber in die Debatte nicht eingeschaltet.
„Ich kann mir keine
Koalition vorstellen,
die da nicht substanziell Fortschritte macht.“
Bundestagsabgeordneter
Oliver Krischer (Grüne)
über den KLimaschutz
Oellers betonte, dass eine künftige Bundesregierung die Belgier auch nicht vor den Kopf stoßen dürfe. Da Energiepolitik eine nationale Aufgabe sei, müsse die Regierung das Thema auf der EU-Ebene stärker vertreten. Nur dort könne man das Abschalten der maroden Meiler voranbringen.
Aber auch die Bundesregierung könnte mehr als ein Zeichen setzen, indem sie die umstrittenen Brennelementelieferungen aus Deutschland stoppt. Erst im Juli waren wieder Brennelemente aus den Anlagen in Gronau (NRW) und Lingen (Niedersachsen) an die belgischen Atomkraftwerke Tihange und Doel geliefert worden, wie das Bundesumweltministerium unserer Zeitung auf Anfrage mitteilte.
Es ist juristisch umstritten, ob die Lieferungen eingestellt werden dürfen. Daran sollte es aber nicht scheitern, sagte Krischer. Auf einen Rechtsstreit müsse man es ankommen lassen, forderte er erneut. Krischer und die Grünen fordern außerdem seit längerem, dass der Bund seine Anteile am AKW-Betreiber Engie-Electrabel abstößt. Auch in diese Debatte könnte bald wieder Bewegung kommen.
Weniger Konsens gibt es bei Schwarz, Gelb und Grün in einer anderen Umwelt- und Energiefrage: dem möglichen Abschalten der Braunkohlekraftwerke. Während die Grünen kaum eine Alternative zum Abschalten der 20 schmutzigsten Kraftwerke sehen, lehnen Union und FDP einen „voreiligen“ Ausstieg aus der Braunkohle bislang ab. Oellers und Kloke betonten, dass man die Arbeitsplätze, die in unserer Region auf dem Spiel stünden, nicht vergessen dürfe. Es bedürfe langfristiger Lösungen. „Mir macht es auch keinen Spaß, Jobs zu vernichten“, sagte Krischer. Bei der Senkung der CO2-Emissionen herrsche allerdings seit zehn Jahren Stillstand in Deutschland. „Ich kann mir keine Koalition vorstellen, die da nicht substanziell Fortschritte macht.“ Man müsse die Klimaschutzziele dringend erreichen.