Heinsberger Zeitung vom 27.09.2021
Text: Michèle-Cathrin Zeidler, Mirja Ibsen und Daniel Gerhards
Foto: Daniel Gerhards
KREIS HEINSBERG Am Montag nach der Wahl hat sich die Katerstimmung bei CDU-Kandidat Oellers noch nicht verzogen. SPD-Mann Spinrath ärgert sich. Ein Blick auf die Details.
Am Ende hat es nicht gereicht. Nachdem der SPD-Bundestagskandidat Norbert Spinrath das Direktmandat deutlich verfehlt hatte, hoffte er noch bis Montagmorgen darauf, über die Landesliste seiner Partei in den Bundestag einzuziehen. Diese Hoffnung zerschlug sich dann aber doch. „Zwischenzeitlich sah es auch gut aus. Am Ende hat es aber leider nicht gereicht“, sagt der 64-Jährige am Montagmorgen.
Das endgültige Ergebnis habe erst nach 6 Uhr am Morgen vorgelegen, so lange hätten sich die Auszählungen in einigen Wahlbezirken im Ruhrgebiet und in Berlin hingezogen. Bis zum Platz 32 seien die SPD-Kandidaten über die NRW-Landesliste noch ins Parlament gekommen – Spinrath hatte Platz 35. „Das ist mehr als ärgerlich“, findet er. „Insbesondere da ich meinen guten Listenplatz abgeben musste.“
Wie bei seinen beiden vorherigen Kandidaturen für den Deutschen Bundestag hatte Spinrath auch dieses Mal einen Platz auf der Landesliste der NRW-SPD. Allerdings lag er nicht mehr wie 2013 und 2017 auf Platz 23, sondern erst auf Platz 35. Er musste seinen Platz für Karl Lauterbach räumen. Obwohl Lauterbachs Wahlkreis Leverkusen/Köln IV als der sicherste Wahlkreis für die SPD im Rheinland galt, hatte dieser für einen Listenplatz kandidiert. „Und erwartungsgemäß hat Lauterbach seinen Wahlkreis mit mehr als 45 Prozent gewonnen“, kritisiert Spinrath. Er ist enttäuscht: „Auf Platz 23 wäre ich drin gewesen.“
Spinrath hatte bis zuletzt gehofft, angesichts des guten Bundestrends entscheidend in den Kampf um das Direktmandat eingreifen zu können. Das gelang ihm jedoch nicht. Gute Ergebnisse holte er nur in Übach-Palenberg (34,06 Prozent) und Hückelhoven (30 Prozent). Ansonsten blieb er hinter den Erwartungen zurück und schnitt mit 23,35 Prozent der Erststimmen deutlich schlechter ab als bei der Bundestagswahl 2017 (28 Prozent). Bei den Zweitstimmen lag die SPD in Übach-Palenberg und Hückelhoven vorn.
Der Blick von Wilfried Oellers (CDU) auf das Wahlergebnis seiner Partei hat sich auch am Montag noch nicht geändert. „Im Ergebnis ist das schlecht“, sagt er. Das meint er im Hinblick auf das Bundesergebnis (24,1 Prozent), das Zweitstimmenergebnis im Kreis (32,27 Prozent) und sein persönliches Ergebnis bei den Erststimmen (39,73 Prozent). All diese Werte sind für die CDU historisch niedrig. Oellers sagte allerdings auch, dass er mit seinem Ergebnis unter den Top zehn der CDU-Bewerber in NRW liege.
Die Aufarbeitung des dürftigen Wahlergebnisses sollte bereits am Montagabend im CDU-Kreisvorstand beginnen. Oellers Einschätzung ist, dass er mit Bürgernähe und vielen persönlichen Gesprächen im Wahlkampf hatte punkten können. Heruntergezogen habe die Kreis-CDU allerdings das Bundesergebnis. Und: „Unser Kanzlerkandidat ist nicht so gut bei den Menschen angekommen“, sagt Oellers. Er sei jedoch nach wie vor davon überzeugt, dass Armin Laschet der richtige Kandidat war. An die Adresse seiner eigenen Partei gerichtet, kritisiert er jedoch ein fehlendes klares Bekenntnis der gesamten Union zu Laschet: „Wenn man einen Kandidaten hat, dann sollte man auch zusammenstehen und zusammenhalten“, sagt Oellers. Da habe der Partei die Geschlossenheit gefehlt.
Die CDU hat im Kreis deutliche Verluste hinnehmen müssen. Sie schaffte nur noch enttäuschende 32,27 Prozent und büßt im Vergleich zu 2017 mehr als sieben Prozent ein. Verloren hat die CDU im Kreis Heinsberg in allen Kommunen, am stärksten jedoch in ihren Hochburgen. In Waldfeucht verlor sie 10,48 Prozentpunkte, in Gangelt lag das Minus bei 9,84, im Selfkant büßte sie 9,36 Prozentpunkte ein. Aber auch in den großen und damit für den Wahlausgang relevanteren Städten im Kreis waren die Verluste für die CDU schmerzlich. In Erkelenz büßte sie 8,65 Prozentpunkte ein, Geilenkirchen verlor sie 8,32 Prozentpunkte, in Heinsberg lag das Minus bei 7,11.
Auch wenn eine grüne Stimme in Berlin für den Kreis Heinsberg am Wahlabend in weiter Ferne geblieben ist, konnte die Partei doch deutlich zulegen und darf sich somit auch zu den Gewinnern zählen. Beim Zweitstimmen-Ergebnis lieferten sich die Grünen (10,66 Prozent) ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der FDP (10,55 Prozent). Beide bleiben jedoch hinter den Bundesergebnissen ihrer Parteien zurück – die Grünen deutlich, die FDP nur knapp.
Im Kreis Heinsberg haben die Grünen ihren Prozentanteil mehr als verdoppelt. Besonders groß waren die Zugewinne in Erkelenz (plus 7,95 Prozentpunkte) und in Wegberg (plus 7,69 Prozentpunkte). Dass die Grünen in Erkelenz (14,18 Prozent) stark sind, dürfte mit ihrem Kernthema Garzweiler zu tun haben, und vielleicht auch mit dem Umstand, dass die Direktkandidatin Dignanllely Meurer aus Erkelenz kommt.
Die Wahlbeteiligung lag diesmal mit 75,6 Prozent etwas höher als noch bei der Wahl 2017 (74,9 Prozent). Besonders hoch war sie in Waldfeucht (81,91 Prozent), Wegberg (79,09 Prozent) und Erkelenz (78,79 Prozent). Am niedrigsten lag sie in Hückelhoven (70,24 Prozent) und Übach-Palenberg (72,58 Prozent). Das waren dann auch die Städte, in denen die AfD kreisweit ihre stärksten Ergebnisse einfahren konnte. In Hückelhoven landete sie bei 9,96 Prozent der Zweitstimmen, in Übach-Palenberg bei 9,61 Prozent.
Vor Ort, in den Wahllokalen ging es derweil gesittet zu. Probleme mit Maskenverweigerern sind bislang nicht bekannt geworden. Die Stadt Übach-Palenberg hat bereits bei der Kommunalwahl erfolgreich mit einem Sicherheitsdienst zusammengearbeitet, um die Coronavirus-Hygiene-Maßnahmen zu kontrollieren und die Wählerströme zu koordinieren. „Somit sind da keine Probleme zu verbuchen“, sagt Pressesprecherin Jutta Gündling. Wie in Hückelhoven hatten die Städte vorgesorgt und Masken, Desinfektionsmittel und Schnelltest bereitgehalten.
In Übach-Palenberg hat es bei der Auszählung etwas gehakt. Lange musste im Kreishaus auf das Ergebnis eines Wahllokals gewartet werden. Es hatte bei der Anzahl der abgegebenen Stimmen einen Zahlendreher gegeben, so dass ganz nach dem Prinzip Gründlichkeit, lieber noch einmal komplett neu ausgezählt wurde, und das dauerte.
Der Anteil der Briefwähler lag im Kreis Heinsberg bei 41,9 Prozent, teilte Jennifer Grünter, Pressesprecherin des Kreises Heinsberg mit.