Heinsberger Zeitung, 10. JULI 2019
Text und Foto: Anna-Petra Thomas
HEINSBERG-OBERBRUCH Nach 53 Jahren wird Schulleiter Albert Zaunbrecher zum Ferienbeginn Ende der Woche ein letztes Mal die Tür der Oberbrucher Realschule schließen, bevor sie Geschichte wird. Wie die Oberbrucher Hauptschule wird auch sie jetzt geschlossen und macht Platz für die weiter im Aufbau befindliche Gesamtschule Heinsberg-Waldfeucht.
Mit 47 Schülern sei sie im April 1966 zunächst als reine Jungenschule an der Pestalozzistraße an den Start gegangen, erklärte Zaunbrecher in seiner Begrüßungsrede bei der Veranstaltung zur Schließung der Schule. Beim Umzug in den Neubau an der Parkstraße im Jahr 1970 habe sie bereits 341 Schülerinnen und Schüler gezählt. Geprägt habe die Schule von Anfang an eine kulturelle Vielfalt aufgrund der Nähe zu den Glanzstoff-Werken. Das gegenseitige Kennenlernen sei da quasi selbstverständlich im Schulalltag geschehen. „Konzepte waren da nicht notwendig“, so Zaunbrecher.
Im weiteren Verlauf ihrer Geschichte sei die Schule teilweise sogar vierzügig gewesen. Darüber hinaus hätten aber auch das frühe Angebot einer informationstechnischen Grundbildung, der Austausch mit einer französischen Schule, die frühe Öffnung für die Inklusion und ganz eigene Unterrichtskonzepte die Schule ausgezeichnet. „Erfolgreiche Schülerinnen und Schüler waren und sind das Ergebnis unserer Arbeit.“ Auch im letzten Jahrgang habe der Anteil der Schüler, die den mittleren Bildungsabschluss mit Qualifikationsvermerk erworben hätten, mit 66 Prozent deutlich über dem Landesdurchschnitt von rund 50 Prozent gelegen.
„Jeder kennt Jeden!“, sei der Werbeslogan für die Schule gewesen. „Das war nicht nur ein Spruch! Jeder kümmert sich um Jeden. Das war damit verbunden“, betonte der Schulleiter. Es folgte sein Dank an alle, die in das Miteinander in der Schule und in ihrem Umfeld eingebunden waren. Die letzten Jahre vor der Schließung hätten bei vielen Spuren hinterlassen, räumte er ein. „Dies alles war manchmal nur schwer auszuhalten und konnte nur dadurch aufgefangen werden, dass man sich aufeinander verlassen konnte“, würdigte er die „herausragende Kollegialität, die verbunden war mit einer hohen fachlichen und sozialen Kompetenz“.
Kurzweilig weiter ging es dann in der von Konrektor Georg Jansen moderierten Veranstaltung. Vier ehemalige Schüler erinnerten sich dabei an ihre Schulzeit. Den Anfang machte Oberbruchs Ortvorsteher Helmut Frenken mit einem eigens für diesen Anlass geschriebenen Gedicht. Alle Schüler hätten etwas aus ihrem Leben gemacht. „Und die Basis dafür wurde für uns alle konkret an dieser Schule gelegt“, sagte er und schloss, sehr gerührt: „Wir haben gern hier gesessen und werden dies Schule sicher niemals vergessen“.
Nachdenklich, ja traurig stimme ihn der Anlass seiner Rede, erklärte der CDU-Bundestagsabgeordnete Wilfried Oellers, der auch viele besondere Erlebnisse seiner Schullaufbahn preisgab. Diese „schulischen Wurzeln“ würden durch die Schließung der Schule verloren gehen. Sehr persönlich verabschiedete er sich zur Überraschung aller am Klavier, das auf der Bühne stand. „Schön war es auf der Realschule zu sein“, sang er schließlich gemeinsam mit allen Gästen ein selbst getextetes Lied.
„Wehmut begleitet mich heute auch“, erklärte der FDP-Landtagsabgeordnete Stefan Lenzen. „Heute endet eine Ära.“ Hier hätten die Lehrer ihren Beruf als Berufung wahrgenommen. Und er appellierte daran, gute Bildung niemals mit dem Abitur gleichzusetzen. „Es war schön hier“, waren sich schließlich auch die beiden aktuellen Entlassschüler Tizian Schnitzler und Stefanie Kail einig.
Wenn die Schließung auch ein trauriger Anlass sei, so verzichte man doch in der Stadt Heinsberg nicht auf das System Realschule, betonte Bürgermeister Wolfgang Dieder. Zudem könne man mit der funktionierenden Gesamtschule positiv gestimmt in die Zukunft blicken. „Die Realschule Oberbruch endet an dieser Stelle, aber es geht weiter, gut weiter“, betonte er.
„Das hier war bis zum letzten Tag eine richtig gute Schule“, befand dann auch Regierungsschuldirektor Emmo Ankel. Zugleich würdigte er deren „immer gute Kooperation mit dem Schulträger“. Einen Grund zur Freude sah am Ende dennoch Peter Pauli, der Sprecher der Realschulen im Kreis Heinsberg. „Die Realschule stellt man nicht so schnell ins Abseits“, prognostizierte er. „Wir werden sie noch lange im Lager der Topschulen behalten.“ Und ein bisschen Oberbrucher Realschule wird auch in der Heinsberger Realschule im Klevchen bleiben, denn am Ende schrieben Lehrer und Ehrengäste ihre Wünsche auf einen Tisch und einen Stuhl, die jetzt in Heinsberg einen Ehrenplatz erhalten werden.
Mehr als nur ein Beiwerk zur Feier war die musikalische Gestaltung durch die Jugendmusikschule Heinsberg mit Theo Krings (Klavier), Jörg Hartig (Gitarre) und Eileen Sugge (Gesang).