12. September 2013
Rheinische Post, Lokalteil Hückelhoven
Hückelhoven. Zwölf Tage vor der Bundestagswahl hatte der Verein Frauenzentrum fünf Direktkandidaten aus dem Kreis Heinsberg zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Sie sprachen über Kinderbetreuung, Minijobs, Altenpflege und Fachkräftemangel.
Dass Kinderbetreuung auf dem Land nicht mehr nur ein Frauenthema ist, zeigte am Dienstagabend die Besetzung der Publikumsplätze: Unter den rund 40 Anwesenden befanden sich einige Männer, und sie warteten gespannt darauf, was die Kandidaten zu sagen hatten. Dies war einer der wichtigsten Streitpunkte: Die Problematik der fehlenden Kita-Plätze zog sich durch die vom Wahlkampf ermüdet wirkenden Eingangsstatements.
Dass im Bereich der Kinderbetreuung im Kreis Handlungsbedarf bestehe, äußerten alle Kandidaten. Linus Stieldorf von der FDP ernannte den Ausbau von Kita-Plätzen zu einem seiner Hauptziele. Im kürzlich eingeführten Betreuungsgeld sehe er nur eine Notlösung, um den Mangel an Kita-Plätzen zu überbrücken. Der Kandidat der CDU, Wilfried Oellers, hingegen lobte das Betreuungsgeld: Es ermögliche Familien die Wahl, ihr Leben entsprechend den eigenen Bedürfnissen zu gestalten. Einsetzen wolle er sich zudem für die Gründung von mehr Betriebskindergärten und 24-Stunden-Betreuungen, um auf diesem Weg Flexibilität zu gewährleisten.
SPD-Kandidat Norbert Spinrath konnte über die Äußerung von Katharina Lenzen (Die Piraten), der Kreis sei laut einer Frauenbeauftragten in puncto Kinderbetreuung gut aufgestellt, nur müde lächeln. Zum jetzigen Stand sei lediglich der gesetzliche Anspruch erfüllt, entgegnete er, der decke aber noch lange nicht den weitaus größeren Bedarf. Lenzen sprach von „Gehaltsdiskriminierung“, als sie die durchschnittlichen Gehälter von Frauen und Männern miteinander verglich. Das sei „eine sichere Basis für Frauenarmut“, erklärte sie, und forderte in diesem Zuge einen Mindestlohn von über neun Euro.
In eine ähnliche Kerbe schlug Hans Josef Dederichs (Bündnis 90/Die Grünen): „Wir schaffen Mini-Jobs ab und führen den Mindestlohn ein.“ Arbeitgeber ersetzten Vollzeitstellen zunehmend durch die nicht-sozialversicherungspflichtigen Mini-Jobs, so der Polizeihauptkommissar, und besonders für Frauen sei dies „der Weg in die Armutsfalle“.
Dass am Ende der Eingangsreden nur noch eine knappe Dreiviertelstunde für Fragen und Anregungen aus dem Publikum blieb, enttäuschte einige Zuhörer. Ein richtiger Meinungsaustausch kam zudem erst zustande, als eine Frau von den „hanebüchenen“ Zuständen erzählte, mit denen sie bei der Pflege ihrer Mutter zu kämpfen habe. Die Möglichkeit, die Mutter in einem Altersheim unterzubringen, käme nicht infrage: zu teuer und eine zu schlechte Betreuung. Spinrath forderte mehr Vertrauen in die Arbeit von Pflegekräften. In Deutschland sei man zu misstrauisch geworden, gleichzeitig wolle keiner viel Geld für gute Betreuung zahlen. Linus Stieldorf suchte die Ursache des Problems im Fachkräftemangel.