Rheinische Post vom 22.02.2021
Text: Kurt Lehmkuhl
Foto: Jürgen Laaser
Erkelenzer Land Das Hoffen auf Signale vom Land hilft Betroffenen derzeit nicht. Die Art und die Menge des Impfstoffes bestimmen die Vergabe der Impftermine. Die KVNO ist mit dem derzeitigen Ablauf grundsätzlich zufrieden.
Die Ansichten sind gegensätzlich: Die kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) ist zufrieden mit der telefonischen Vergabe der Impftermine, der derzeit angesprochene Personenkreis ist äußerst ungehalten wegen der Vorgehensweise.
Einer der Betroffenen ist der 80-jährige Norbert Hermanns aus Brachelen. Er hat inzwischen resigniert, nachdem er einfach keine telefonische Verbindung mehr bekommt. „Ein einziges Mal bin ich in den letzten Wochen durchgekommen“, schildert der Senior. Eine Frau aus einem Callcenter in Sachsen-Anhalt hätte sich gemeldet, das Telefonat aber schon nach einer Minute kommentarlos beendet. „Die telefonische Terminvermittlung für die Corona-Schutzimpfungen in NRW wird über ein separates Callcenter geregelt, das von einem Partner-Dienstleiter der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe, der Firma SITEL, betrieben wird. „Allein im Rheinland wurden innerhalb von vier Wochen seit Ende Januar über 820.000 Impftermine vergeben – ein erheblicher Teil davon über das Callcenters“, schildert die KVNO.
Hermanns hat an der derart gelobten Arbeit seine Zweifel. Johanna Korioth hingegen nimmt das Callcenter in Schutz, auch wenn die Anrufe bisher ergebnislos blieben. „Die haben einfach keine Termine, sagen uns aber auch nicht, wann es welche gibt.“ Die Frau aus Venrath sucht nach einem Impftermin für ihre 94-jährige Mutter. „Wir werden immer wieder vertröstet mit der Bitte, es später noch einmal zu versuchen.“ Die KVNO meint dazu: „Grundsätzlich können die Impftermine in Nordrhein von uns und dem Callcenter aber nur entsprechend der vom Land NRW zugesicherten Kontingente an sicher vorhandenem Impfstoff zur Verfügung gestellt werden.“ Da die Terminvergabe ein sehr dynamischer Prozess sei, könne es vorkommen, dass für einzelne Impfzentren vorübergehend keine freien Termine als verfügbar dargestellt werden könnten.
Norbert Hermanns und Johanna Korioth bleiben skeptisch. „Warum kann ich nicht im Seniorenzentrum St. Gereon geimpft werden?“, Hermanns. „Vernünftig wäre es, wenn Hausärzte impfen dürften, eventuell sogar bei ihren Hausbesuchen“, ergänzt Johanna Korioth. Die KVNO stimmt ihr sogar zu: „Der aus unserer Sicht einfachste Weg, schnell viele Menschen zu impfen, wäre generell eine Durchführung von Corona-Schutzimpfungen auch in den haus- und fachärztlichen Praxen im Rheinland – so wie es die Grippeschutzimpfungen zeigen.“ Die Vereinigung sei dazu bereits in engen Gesprächen mit dem NRW-Gesundheitsministerium und ergründe entsprechende Wege und Prozesse.
Das Problem, das Hermanns andeutet, ist auch an andere Stelle thematisiert worden. Während die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen im Kreis Heinsberg bereits – mit wenigen Ausnahmen – vollständig durchgeimpft sind, gibt es bei einer weiteren pflegebedürftigen Gruppe Probleme. Etwa im Lambertus-Heim in Hückelhoven, wo knapp 350 Menschen in der Tagespflege oder in Wohnprojekten sind. Sie dürfen nicht im Heim geimpft werden, sondern müssen wie jeder andere auch Termine im Erkelenzer Impfzentrum machen.
Norbert Hermanns hat inzwischen von anderer Seite überraschende Hilfe erhalten: Er hatte sich am Freitag in der Bürgersprechstunde des CDU-Bundestagsabgeordneten Wilfried Ollers beschwert, dass es für ihn trotz aller Bemühungen unmöglich sei, einen Impftermin zu bekommen. „Daraufhin habe ich mich mit der Hotline in Verbindung gesetzt und für Herrn Hermanns einen Impftermin vereinbart. Die Erstimpfung wird Anfang März und die Zweitimpfung Ende März stattfinden“, berichtete Oellers. Die Umstände, warum Herr Hermanns bisher keinen Impftermin vereinbaren konnte, könne er nicht beurteilen.