Heinsberger Zeitung vom 10.09.2021
Text und Foto: Anna Petra Thomas
GANGELT Viele Fragen, viele Themen, viele Diskussionsteilnehmer: Die Fachschaft Sozialwissenschaften der Gesamtschule Gangelt-Selfkant hat Bundestagskandidaten auf den Zahn gefühlt. Wie weh tat das?
Die Aufregung war ihnen deutlich anzumerken, den Schülern, aber auch den Lehrern aus der Fachschaft Sozialwissenschaften der Gesamtschule Gangelt-Selfkant, die gleich fünf Bundestagskandidaten im Foyer der Gangelter Schule zu einer Podiumsdiskussion begrüßen konnten. Dabei gab es von Wilfried Oellers (CDU) und Norbert Spinrath (SPD) schon großes Lob vorab mit Blick auf die gewählte Uhrzeit am Abend nach einem langen und anstrengenden Schultag. „Wir fördern und fordern“, erklärte dazu Dr. Arnold Frenken, der die Veranstaltung mit dem Fachschafts-Vorsitzenden Daniel Cavelius und seinem Kollegen Nils Kistner vorbereitet hatte.
Ihnen dankte Schulleiterin Julia Recknagel in ihrer Begrüßung, in der sie auch Bürgermeister Guido Willems willkommen hieß. Obwohl diese Diskussion nach der Premiere zur Europawahl als erste öffentliche Diskussionsrunde angekündigt worden war, waren dennoch fast ausschließlich Schüler und Lehrer der Einladung gefolgt. Mit dieser Veranstaltung komme die Schule ihrem allgemeinen Erziehungsauftrag nach, die Schüler zu mündigen Bürgern zu machen, erklärte die Schulleiterin. In einer Demokratie gebe es eben nicht nur eine Antwort. „Deshalb ist es besser, miteinander zu sprechen, als nur darüber zu reden!“
Neben Oellers und Spinrath waren Didi Meurer (Bündnis 90/Die Grünen), Alexander Dorner (FDP) und Rüdiger Birmann (Die Linke) in die Schule gekommen. Leer blieb der Stuhl für die AfD. Als Moderatoren fungierten mit Florian Wolter, Shannon van Elst und Mathies Feiter drei Schüler, die den Politikern die Fragen stellten. Diese waren von allen Schülern der Oberstufe im Fach Sozialwissenschaft vorbereitet worden. Insgesamt haben dieses Fach etwa 100 der insgesamt knapp 1000 Schüler dieser Schule gewählt. Sie waren auch zur Diskussion gekommen.
Die Initiative zur Veranstaltung hatte Fachschafts-Vorsitzender Cavelius ergriffen. „Wo wir derzeit zunehmend nur noch übers Internet kommunizieren, ist es wichtig, auch ein solch offenes Format zu pflegen“, betonte er. Bisher sei im Wahlkampf auch weniger über Inhalte gesprochen worden, die aber gerade Jugendlichen so wichtig seien, betonte er.
Da war klar, dass die Bildung den ersten Themenblock einnehmen würde. Folgen sollten in der ersten Stunde die Themen Umwelt, Steuern und Soziales sowie Sicherheit und Gesundheit. In einer zweiten Stunde sollte offen mit dem Publikum im Foyer diskutiert werden. Diese Rechnung hatten jedoch Schüler und Lehrer ohne ihre Gäste gemacht, die sich allesamt Zeit für ausführliche Antworten nahmen. Darin wurden zwar die unterschiedlichen Positionen deutlich, etwa bei Fragen nach dem Schulsystem oder der künftigen Schulpolitik, aber auch die Zeit lief davon. Und die drei jungen Moderatoren trauten sich verständlicherweise nicht, den Politikern ins Wort zu fallen.
So war die erste Stunde schon rum, als sich die Politiker immer noch zu ihren politischen Plänen in Sachen Bildung äußerten, was aber umgekehrt für die Schüler natürlich auch ein sehr interessantes Thema war. Ein bisschen echte Diskussion kam dann beim Thema Umwelt auf, als es darum ging, wer bisher was für ein besseres Klima getan habe. Birmann warf den Vertretern der Regierungskoalition vor, erst nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Klimaschutz tätig geworden zu sein, was Oellers nicht so im Raum stehen lassen wollte. Der Themenbereich Soziales konnte dann am Ende nur noch gestreift werden, machte für die Zuhörer dennoch die unterschiedlichen Positionen und Pläne deutlich, die Bildungsmöglichkeiten für junge Menschen von heute von ihrer sozialen Herkunft zu entkoppeln.
Alles in allem wollte es den Politikern jedoch nicht so recht gelingen, die überwiegend jungen Zuhörer in ihren Argumentationen mitzunehmen. Zwei von ihnen hatten dies zu Beginn des Abends ansatzweise versucht, doch die Zeit brachte alle schnell wieder dazu zurück, aus ihren Programmen zu zitieren und damit auch hier und da ins „Fachchinesisch“ abzugleiten.
Dennoch waren am Ende alle zufrieden mit dem Abend. „Für mich war es sehr aufschlussreich“, resümierte Schülerin Mayra Magold. Nur von Oellers habe sie sich ein bisschen mehr Erfahrungsbericht aus seiner bisherigen Arbeit im Bundestag gewünscht, meinte sie. „Eine Sanduhr aufstellen“, regte sie an, um bei künftigen Diskussionen alle vorbereiteten Themenfelder beleuchten zu können.
Das sah Spinrath jedoch anders. „Klimapolitik kann man nicht in einer Minute abhandeln“, erklärte er. Auch Didi Meurer gefiel das Podium aller Politiker besser als das am Morgen von einer anderen Schule durchgeführte Format, wo jeder Politiker abwechselnd für 15 Minuten von einer Klasse befragt werden durfte.