Heinsberger Zeitung vom 01.08.2021
Text und Bild: Anna-Petra Thomas
HEINSBERG Ina Scharrenbach, NRW-Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung, informierte sich nach der Hochwasserkatastrophe in der Region bei der Heinsberger Feuerwehr und fordert einen Aufbaufonds.
Um mehr Respekt für Einsatzkräfte im Ehrenamt, aber auch für mehr Eigenvorsorge der Menschen im Hinblick auf mögliche Katastrophen warb Ina Scharrenbach, NRW-Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung, bei ihrem Besuch in der Heinsberger Leitstelle der Feuerwehr. Hier sprach sie mit Vertretern der Stadt Heinsberg, der Heinsberger Feuerwehr und weiterer Hilfsorganisationen. Begleitet wurde sie vom CDU-Bundestagsabgeordneten Wilfried Oellers und vom CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Schnelle, der in seiner Fraktion Berichterstatter für die Feuerwehr ist. Zuvor hatte sich die Ministerin auf Wassenberger Stadtgebiet in Ohe und in Ophoven ein Bild von den Zerstörungen der Flut und vom Zustand des Rurdamms gemacht.
In ihrer Begrüßung dankten Bürgermeister Kai Louis und Wilfried Oellers allen Einsatzkräften, die bei der Flut von Wurm und Rur im Einsatz waren. „Allerdings muss ein aktiver Hochwasserschutz jetzt auch auf die Tagesordnung kommen!“, betonte Oellers. Es gelte, schon kurzfristig besser gerüstet zu sein, um künftig Schaden von Wohnbebauung fernzuhalten. „So langsam kommt jetzt Kritik auf, wo es nichts zu kritisieren gibt“, bemerkte Thomas Schnelle. Auch er lobte die Einsatzbereitschaft aller Organisationen, aber ebenso die der vielen freiwilligen Helfer.
„Ich überbringe Ihnen den Dank der Landesregierung!“, betonte Ina Scharrenbach. „Wir haben gemerkt, was es bedeutet, ehrenamtliche Kräfte im Katastrophenschutz zu haben.“ In NRW seien 80.000 Ehrenamtler „unterm Schlauch“, dazu 14.000 hauptamtliche Kräfte. Für so manche Diskussion, die schon Schnelle angeprochen hatte, habe auch sie kein Verständnis. „Diese Art und Weise wird dem Einsatz und dem Respekt nicht gerecht, den man sonst immer einfordert.“ Zu den 47 Toten, die das Hochwasser in NRW gefordert habe, würden auch fünf Einsatzkräfte gehören. Drei davon seien im Einsatz ums Leben gekommen.
Neben den Soforthilfen für Städte und Gemeinden müsse es auch einen Aufbaufonds geben, erklärte sie. Darüber hinaus müsse man sich das Hochwassermanagement anschauen und dabei neben dem Bevölkerungsschutz auch über Eigenschutz reden. Die Menschen müssten dafür sensibilisiert werden. Noch im zweiten Halbjahr soll es ein Treffen mit Vertretern der betroffenen Kommunen geben. „Dabei müssen wir entscheiden, was wir wo wieder aufbauen!“, betonte sie. Vor allem aber müssten künftig Hochwassermaßnahmen Vorrecht im Planungsrecht haben. Hier dürfe es keine widerstreitenden Postitionen geben.
Heinsbergs Wehrleiter Ralf Wählen erklärte der Ministerin, dass die Heinsberger Stadtteile Horst und Randerath nach 2014 und 2018 nun bereits zum dritten Mal unter Wasser gestanden hätten. Eigenvorsorge hätten die Menschen dort schon getroffen, etwa durch Sperren in ihren Türen. Die Feuerwehr habe auch eine Sperre geschaffen über die Straße, wo das Wasser als erstes eindringt. „Aber es war so stark wie noch nie!“, betonte er. Da seien alle Maßnahmen entsprechend schwierig gewesen. Allerdings seien in der Leitstelle alle Pegelstände des aktuellen Hochwassers notiert worden. So wisse man bei Katastrophen dieser Art künftig, wann welche Straßen gesperrt werden müssten. Mit diesem Wissen müsse aber auch der Hochwasserschutz für extremere Ereignisse geschaffen werden, die bisher nicht berechnet worden seien, forderte Oellers. „Dammverteidigung will vorbereitet sein!“
Wählens Stellvertreter Hans-Leo Schreinemachers sprach sich deutlich dafür aus, die Sirenen auf jeden Fall zu erhalten. Unabdingbar damit verbunden sein müsse aber das Wissen der Menschen um die Bedeutung der unterschiedlichen Töne, pflichtete er Lothar Terodde, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes bei, dass dieses Wissen schon in den Schulen vermittelt werden müsse. Thomas Schnelle sprach von einem „Warn-Mix“ aus Sirene für eine generelle Aufmerksamkeit und eine SMS direkt auf das Mobiltelefon aller betroffenen Bewohner. „Diese Dinge müssen möglichst schnell auf den Weg!“, so seine Forderung.
Jürgen Zoons, Kreisbereitschaftsleiter des DRK, nahm in Bezug auf das ehrenamtliche Engagement in der Katatrophe „das leidige Thema Freistellung“ in den Blick. Trotz gesetzlicher Regelungen täten sich Arbeitgeber sehr schwer damit, die Ehrenamtler für den Katatrophenschutz freizustellen. „Allerdings haben wir es trotzdem geschafft, genügend Kräfte zu mobilisieren“, betonte er. Seine Kollegin Christel König sprach das Thema Seelsorge an. Hier müssten die Einsatzkräfte noch stärker dafür sensibilisiert werden, dass die Seelsorger vor Ort nicht nur für die Opfer, sondern auch für sie selbst da seien.
Von einem „Teufelsglück“ sprach Josef Engeln für die Menschen, die an der Mündung der Wurm in die Rur in Kempen und Umgebung vom Hochwasser betroffen waren. Er forderte, im Nachgang auch das Management der Talsperren ins Visier zu nehmen, vor allem aber, die vorhandenen Deiche präventiv zu reparieren und auch zu pflegen. Das Wasser habe sich seinen Weg durch die dort inzwischen von Tieren angelegten Gänge gesucht. Vieles sei schon mit kleinen Mitteln zu verbessern, sprach er zudem sogenannte Rückschlagklappen für das Kanalsystem an.
„Die Leute vor Ort müssen nur gehört werden“, sagte er. Alles in allem sei es wichtig, für die Zukunft an das derzeit noch Unvorstellbare zu denken, fasste Oellers die Diskussion zusammen.