Heinsberger Zeitung, 04.03.2022
Text und Foto: Udo Stüsser
GEILENKIRCHEN Einen Friedenszug durch Geilenkirchen mit anschließender Kundgebung auf dem Rathausplatz hatte die Anita-Lichtenstein-Gesamtschule mit ihrem Schulleiter Uwe Böken organisiert. Rund 800 Teilnehmer protestierten gegen den Ukraine-Krieg.
Ein deutliches Zeichen gegen den brutalen Überfall auf die Ukraine und gegen den grausamen Krieg setzten am Freitagnachmittag rund 800 Menschen auf dem Geilenkirchener Rathausplatz, unter ihnen mehr als 500 Schüler der Anita-Lichtenstein-Gesamtschule Geilenkirchen. Deren Schulleiter Uwe Böken war es, der den Protestzug von der Schule bis zum Rathaus organisiert und bei der Polizei angemeldet hatte. Dem Friedensmarsch schlossen sich auch Schüler des Berufskollegs an, auf dem Marktplatz kamen Schüler von St. Ursula, der Realschule und Erwachsene hinzu. Ihren Protest machten sie mit Plakaten und Transparenten deutlich.
„Wir alle verurteilen den völkerrechtswidrigen Krieg, den der russische Präsident in der Ukraine führt“, sagte Böken als erster Sprecher der Kundgebung und zitierte den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, der sich zur Nichtbeteiligung Deutschlands am Irakkrieg so geäußert hatte: „Die Völker der Welt wünschen den Frieden. Sie wünschen die Herrschaft des Rechts, die Grundlage jeder Freiheit ist. Dafür arbeiten wir.“ Heute fragt sich der Gesamtschulleiter, „wie unser Altkanzler ruhig schläft, während sein Freund die Ukraine in völkerrechtswidriger und menschenverachtender Weise überfällt“.
Dieser Überfall sei durch nichts zu rechtfertigen und verhöhne alle diplomatischen Bemühungen der letzten Jahrzehnte. Der 24. Februar habe das wahre Gesicht des russischen Präsidenten offengelegt. „Wir sind unendlich traurig, dass wir mitten in Europa wieder Krieg haben, der aber nach offizieller Lesart in Russland nicht einmal so genannt werden darf.“ Selbst Bekundungen des Mitgefühls für die unschuldigen Opfer in den ukrainischen Dörfern durch Kinder würden durch die staatlichen Organe brutal niedergemacht.
„Das alles ist unerträglich! Wer dazu schweigt, handelt ebenso menschenverachtend!“, rief Böken zu weiteren Protesten auf. Er dankte allen, die gekommen waren, um ein deutliches Zeichen für den Frieden zu senden. „Wir solidarisieren uns mit dem Volk der Ukraine und mit allen Bürgern Russlands, die den brutalen Kurs ihres Präsidenten nicht mittragen wollen und entsprechenden Repressionen ausgesetzt sind.“ Diese Aktion sei keine Aktion gegen Russland, sondern eine Aktion gegen die Politik des russischen Präsidenten.
„Diese Bilder im 21. Jahrhundert erschüttern uns. Was in der Ukraine geschieht, ist mit dem Nationalsozialismus vergleichbar“, erklärte Schülersprecher Emmanuel Abimbola.
Bürgermeisterin Daniela Ritzerfeld zeigte sich überwältigt von dem, was sie auf dem Rathausplatz sah: „Wie viele Schüler sich heute auf den Weg gemacht haben, um ein Zeichen zu setzen!“ Sie war begeistert, dass sich so viele Menschen zusammengefunden haben. „Aber wird Putin uns hören?“, fragte sie und gab selbst die Antwort: „Nein, aber wir sind mit ganz vielen Menschen auf der ganzen Welt, die ein Zeichen setzen. Wir müssen zeigen, dass das, was ein Wahnsinniger veranstaltet, nicht in Ordnung ist.“ Dann richtete sie einen Appell an alle: „Wir müssen uns um die Menschen kümmern, die hier ankommen. Wenn bald Flüchtlinge in großen Mengen kommen, ist es gut, wenn ihr sie unterstützt und helft. Bleibt dabei und protestiert immer wieder gegen das, was der Wahnsinnige in Russland veranstaltet.“
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Wilfried Oellers blickte mit „Wut“ auf die Geschehnisse. Wichtig sei, dass junge Menschen ein Zeichen setzen für Demokratie, Frieden und Freiheit. „Die Demokratie lebt noch. Die lassen wir uns von keinem Menschen auf der Welt kaputtmachen.“ Putin allein sei Verursacher des Krieges, nicht die russische Bevölkerung. Deshalb forderte er Putin auf: „Hören Sie auf mit dem Krieg. Setzen Sie sich für Frieden ein und werden Sie vernünftig.“
Hans Bruckschen, Sprecher der Initiative Erinnern, hat nur „Hohn und Spott“ für den Aggressor übrig. Die Menschen in der Ukraine, aber auch in Russland seien in einen Krieg gezogen worden, ohne gefragt zu werden. Deshalb sagte er: „Wir stehen auch hinter den Russen, die um Leib und Leben fürchten müssen, wenn sie Putin auffordern, den Krieg zu beenden. Alle leiden unter dem Terror eines alten Mannes. Generationen werden in einen Krieg gezwungen, den keiner will.“Hans Bruckschen ist selbst Lehrer an der Gesamtschule. In Gesprächen mit den Mädchen und Jungen hat er festgestellt, dass die in Sozialen Medien verbreiteten Bilder von einschlagenden Granaten und Toten viele Jugendliche überfordern. „Sie haben Angst vor Krieg und stehen dem hilflos gegenüber.“ Sicherlich gebe es auch andere Kriege, in Afghanistan und in Syrien. „Aber der Krieg in der Ukraine ist ganz nah vor unserer Haustüre. Ich habe schon weinende Schüler im Lehrerzimmer sitzen gehabt.“