Rheinische Post vom 04.08.2020
Text: Anke Backhaus
Foto: Andreas Speen
Venrath/Kaulhausen Für die Bewohner der Tagebauranddörfer ist 1500 mehr als nur eine bloße Zahl. Der Abstand zur Tagebaukante soll mindestens so viele Meter betragen, um deren Lebensqualität zumindest weitgehend erhalten zu können. Unterstützung kommt jetzt auch von der CDU.
1500 Meter, das ist nach Ansicht der Bewohner der Dörfer Venrath und Kaulhausen das Mindestmaß an Abstand. So groß soll dieser ihrer Ansicht nach nämlich zur Tagebaugrenze sein. Unterstützung bekamen die Dorfbewohner nun auch von der CDU, deren Ortsverband Keyenberg/Terheeg/Venrath ein Treffen vereinbart hatte, an dem unter anderem auch das Kreis Heinsberger Bundestagsmitglied Wilfried Oellers, Thomas Schnelle aus dem NRW-Landtag Düsseldorf und der Erkelenzer CDU-Bürgermeisterkandidat Stephan Muckel teilnahmen.
Die Mitglieder der Dorfforums Venrath-Kaulhausen sowie der CDU-Ortsverband Keyenberg/Terheeg/Venrath machten dabei erneut den Hintergrund des laufenden Verfahrens zur neuen Leitentscheidung deutlich. Dabei ging es um die eigene klare Positionierung in der Sache. „Wer es ernst meint mit einer lebenswerten Zukunft in Venrath, Kaulhausen, Terheeg, Wockerath und den anderen Dörfern, darf unter 1500 Metern nicht verhandeln“, sagte Ralf Settels, der Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes, bei dem Treffen.
Schon jetzt seien die Bagger jede Nacht zu hören, obwohl sie noch weit mehr als 1500 Meter entfernt seien. Es könne nicht sein, dass bei der Gewinnung von sauberer Energie durch Windräder Anwohnern ein Abstand von 1000 Metern zugestanden werde „und für dreckige Energie sollen 300 Meter reichen. Wo bleibt da die Gerechtigkeit?“, fragte Settels. Auch Michael Königs, vor dessen Haus in Kaulhausen seit einigen Jahren ein Wall steht, erklärte: „RWE als Tagebaubetreiber bekommt viel Geld als Entschädigung für den früheren Kohleausstieg. Wir Tagebauranddörfer bekommen nichts.“
Peter-Josef Gormanns, der Sprecher des Dorfforums Venrath-Kaulhausen, berichtete bei dem Treffen von einer Konferenz des NRW-Wirtschaftsministeriums. Dort hatten Tagebauranddörfer die Gelegenheit, Forderungen und Argumente zur neuen Leitentscheidung vorzutragen. „Unsere zentralen Forderungen sind der absolut größtmögliche Abstand, möglichst geringer Flächenverbrauch, Anpassung der neuen Straßen an den geänderten Tagebauverlauf, Prüfung der Notwendigkeit der Autobahn 61n in der geplanten Form und die stetige Überprüfung eines früheren Kohleausstiegs“, so Gormanns.
Auch Rainer Merkens, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Erkelenz, warf die Frage auf: „Ist der Neubau der A61 später noch notwendig und sinnvoll? Wenige 100 Meter davon entfernt verläuft parallel die A44n. Für einen störungsfreien Verkehrsfluss sind dafür in den Autobahnkreuzen Wanlo und Jackerath entsprechende Ab- und Zuleitungsspuren zu bauen. Die L354 und in der Verlängerung die L277 sind so nah wie möglich an die noch neu zu bestimmende Abbaugrenze als Tagebaurandstraße zu verlegen. Entlang und zwischen Venrath und Kaulhausen ist die L354 in Tieflage zu bauen. Der Wall muss weg. Es muss über wirkungsvollere Immissionsschutzmaßnahmen nachgedacht werden. Die vom Verursacher nicht notwendigen Mittel zum Neubau der A61 sind den Tagebaurandorten zur Strukturförderung zu geben.“
Aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen berichtete schließlich Thomas Schnelle. Er sagte bei dem Treffen: „Jeder weitere Meter Abstand ist ein Gewinn für die Menschen am Tagebaurand, für die Umwelt und für die Landwirtschaft. Der von RWE gemachte Vorschlag zum Abstand ist daher nicht ausreichend, dieser muss bei der Anpassung der Leitentscheidung darüber hinaus noch vergrößert werden.“ Mit Unterstützung des Mönchengladbacher Bundestagsabgeordneten Günter Krings setzt sich Wilfried Oellers auf Bundesebene für die durch den Tagebau betroffenen Menschen ein. Beide wollen die Vergrößerung der Abstandsflächen. „Auch wenn es begrüßenswert ist, dass RWE sich nun bewegt, so ist der Vorschlag bei weitem nicht ausreichend. Je mehr Abstand es wird, umso mehr wird das gesetzte Ziel erreicht werden, die Menschen und die Natur vor den erheblichen Beeinträchtigungen zu schützen“, befand Wilfried Oellers weiter.
Stephan Muckel, der Erkelenzer CDU-Bürgermeisterkandidat, sieht die Belange und Entwicklung der Randdörfer als eines der ganz großen Themen auf seiner Zukunftsagenda: „Wie kaum eine andere Stadt in Deutschland ist Erkelenz von den Auswirkungen des Braunkohletagebaus unmittelbar betroffen. Wir lehnen den Tagebau weiter ab. Der Mindestabstand ,500 Meter plus’ ist die bestehende, einstimmige Forderung des Stadtrates von Februar 2019. Das bleibt auch meine Zielvorgabe. Der vergrößerte Abstand ist für die Entwicklung der Dörfer am Tagebaurand immens wichtig, aber auch andere Forderungen wie ein schlüssiges Verkehrskonzept und nach dem Tagebau ein möglichst schnelle Befüllung des Sees sowie intelligente Zwischennutzungen der Böschungen müssen möglich sein.“