Super Sonntag, 31.10.2021
Text: (mb)
Foto: Melanie Bodem
Kreis Heinsberg „Wir sind die Teilhabeberatung. Wir sind hier mit unserer Erfahrung. Wir beraten und erklären. Wir sind für euch da, ob nah oder fern.“ So lautet der Refrain aus dem EUTB®-Song von „Inkluencer“ Dennis Sonne. Als Musiker nennt er sich „Sittin’ Bull“. In seinen Liedern singt er über das Leben von Menschen mit Behinderung. Er weiß, wovon er rappt: Seit einem Unfall sitzt er im Rollstuhl. Der 37-Jährige hat eine klare Botschaft. „Es ist normal, anders zu sein. Deshalb möchte ich mich für ein gutes Miteinander aller Menschen starkmachen“, erklärt er. Dennis Sonne setzt sich ganz besonders für Inklusion ein. Für das Team der EUTB® Heinsberg war der sympathische junge Mann der Wunschkandidat für die Moderation des Praxisdialogs Peer-Beratung.
Dieser findet Corona bedingt in einem kleineren Rahmen als ursprünglich geplant statt. „Dennoch sind wir sehr froh, dass wir nun endlich hier im Kreishaus diese so lang geplante Veranstaltung durchführen können“, freut sich Beate Junk, Mitarbeiterin der EUTB® Heinsberg. Der Begriff „Peer“ bedeutet „Gleichgesinnter“. Dieser Beratungsansatz ist wesentlicher Bestandteil der EUTB® und hat den Vorteil, dass eine Beratung auf Augenhöhe stattfinden kann. „Menschen mit Beeinträchtigung oder Angehörige von Betroffenen beraten und unterstützen andere Menschen mit Beeinträchtigung. Der Peer-Berater berichtet von seinen eigenen Erfahrungen und kann somit Hemmschwellen beim Ratsuchenden abbauen“, erklärt Adelheid Venghaus, ebenfalls von der EUTB® Heinsberg. Diese Beratungsform entstammt der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung, die sich für Selbstbestimmung, Selbsthilfe und Eigenverantwortung von Menschen mit Behinderung einsetzt.
Landrat Pusch möchte die Ziele der EUTB® bestmöglich unterstützen: „Charakteristisch und besonders wichtig finde ich den Fokus auf die Peer-Beratungen innerhalb der EUTB®. Es ist – wie in so vielen Lebenssituationen – ein Treffen, ein Gespräch oder eine Beratung auf Augenhöhe, das so wertvoll ist.“
Über dieses Prinzip werden Ängste abgebaut und gleichzeitig Aspekte der Teilhabe gefördert, weil die Betroffenen sich nicht als Sonderfall verstehen, sondern mit jemandem sprechen können, der sie auf allen Ebenen versteht. Stephan Pusch zeigt sich davon sehr beeindruckt: „Ihr Beratungsangebot verstehe ich als menschlich und solidarisch. Das wichtigste ist wohl immer, sich auf sein Gegenüber einzulassen und einzustellen.“ Abschließend bedankte er sich bei dem Trägerverbund der EUTB®, bestehend aus dem Caritasverband, der Katharina Kasper ViaNobis GmbH und der Lebenshilfe Heinsberg, für dieses Angebot.
Auch der behindertenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Wilfried Oellers, betonte, dass die Kombination aus Peer-Beratung und fachlichen Beratungen das „große Herzstück“ der EUTB® sei. Es sei sehr wichtig, dass man ein niederschwelliges Angebot als Einstieg anbieten könne.
Der Geschäftsführer des Vereins „Selbstbestimmt Leben Behinderter Köln“, Christoph Tacken, berichtete über die Entstehungsgeschichte der „Selbstbestimmt Leben Bewegung“, aus der die EUTB® entstanden ist. Der Kölner lebt mit der Diagnose Makuladystropie, einer fortschreitenden Degeneration der Netzhaut. Dennoch ist er fest davon überzeugt, dass „es immer darauf ankommt, wie man selber mit seiner Behinderung umgeht“.
Seit 2018 beraten die Mitarbeiter von „Kleeblätter 21“ in Mönchengladbach im Rahmen der EUTB®. Dirk Wieringa berichtet, dass er immer wieder reflektiert, dass Peer-Berater an gewissen Punkten andere Fragen stellen, da man emotional anders verbunden ist.
„Peer-Beratung öffnet Türen“, ist er sicher. „Von Anfang an ist eine ganz andere Empathie gewährleistet.“
Seine Kollegin Claudia Schröder-Josifovic stellt besonders heraus, dass es auch kein zeitliches Limit bei den Beratungen gibt und es egal ist, wie oft man diese in Anspruch nimmt. Ehrenamtliche sowie hauptamtliche Peer-Berater berichteten von ihren Erfahrungen und tauschten begeistert Infos und Ratschläge mit anderen Teilnehmern aus. (mb)