25. September 2017
Rheinische Post/Erkelenz
Wilfried Oellers (CDU) ist von den Wählern im Kreis Heinsberg zum zweiten Mal mit dem Direktmandat ausgestattet worden. SPD-Kandidat Norbert Spinrath äußert sich sehr enttäuscht über das Ergebnis seiner Partei auf Bundesebene und teilte nach einer durchzitterten Wahlnacht am Montagvormittag mit: „Leider muss ich meine Koffer packen. Mein Listenplatz hat nicht für eine weitere Wahlzeit in Berlin ausgereicht.“ Von Andreas Speen
Wilfried Oellers (CDU) erzielte 45,6 Prozent der Erststimmen und wird weitere vier Jahre die Interessen der Kommunen zwischen Selfkant und Erkelenz, Übach-Palenberg und Wegberg in Berlin vertreten. Zu den ersten Gratulanten gehörten Landrat Stephan Pusch, die Landtagsabgeordneten Thomas Schnelle, Bernd Krückel (beide CDU) und Stefan Lenzen (FDP), die anwesenden Mitbewerber sowie eine Reihe politischer Vertreter aus seinem Wahlkreis, die nach Heinsberg ins Kreishaus gekommen waren. Norbert Spinrath, der in der zurückliegenden Wahlperiode über die Landesliste der SPD in den Bundestag eingezogen war, musste hingegen in die Nacht hinein zittern, ob er dies noch einmal schaffen würde.
„Persönlich freut mich sehr, dass die Wähler mir erneut das Direktmandat anvertraut haben. Bei mir herrscht auch Freude darüber, dass die CDU in Berlin den Regierungsauftrag erhalten hat und dass ohne uns nicht regiert werden kann. Betroffen macht mich aber, dass wir bundesweit noch hinter die niedrigen Werte von 2009 zurückgefallen sind“, erklärte Wilfried Oellers in einer ersten Reaktion. 2013 war er vom Kreis Heinsberg zum ersten Mal nach Berlin entsandt worden, damals mit 53,4 Prozent der Erststimmen: „2013 hatte es für die CDU allgemein eine positivere Grundstimmung gegeben. Jetzt ist mein Erststimmenergebnis mit dem bundesweiten Trend gesunken. Aus meinem Wahlkampf heraus hatte ich ein positiveres Gefühl gehabt.“ Dass es im
Bund auf eine schwarz-gelb-grüne Koalition herauslaufen wird, bewertete Oellers gestern positiv zurückhaltend: „In Schleswig-Holstein hat man gesehen, dass das geht – leichter wird das Regieren in einem Dreierbündnis aber nicht.“ Dennoch verspreche er sich von einer sogenannten Jamaika-Koalition eine „stabile, haltbare Regierung“.
Traditionell behielt die CDU im Kreis Heinsberg die Mehrheit der Erst- und Zweitstimmen. Den Verlust von 9,8 Prozentpunkten bei den Zweitstimmen (39,5 Prozent) gegenüber 2013 kommentierte Kreisvorsitzender Bernd Krückel: „Das kann uns nicht zufriedenstellen. Da gibt es nichts zu beschönigen. Was mich besonders interessiert, ist, wie viele Stimmen wir an die FDP und vor allem die AfD verloren haben. Wir müssen jetzt mit Blick auf die AfD schauen, wie wir uns neu positionieren müssen.“ Noch nie seit der Wiedervereinigung hatten die Christdemokraten bei einer Bundestagswahl im westlichsten Wahlkreis Deutschlands so wenige Stimmen für ihre Partei holen können. 41,5 Prozent war 2009 der bisherige Tiefpunkt gewesen.
Die SPD und ihr Kandidat blieben kreisweit hingegen weitgehend konstant zur Bundestagswahl 2013 und waren besser als 2009. Außerdem lagen sie in Übach-Palenberg vor der CDU. Dazu erklärte Norbert Spinrath: „Unsere Zahlen sind stabil, was ich als sehr positiv werte. In einem der schwärzesten Wahlkreise Deutschlands können die SPD und ich punkten – das ist super.“ Freude wollte bei dem Geilenkirchener am Wahlabend dennoch keine aufkommen: „Ich bin schwer über das Ergebnis meiner Partei auf Bundesebene enttäuscht.“ Außerdem wusste Spinrath Sonntagabend schon, dass ihm noch eine lange, schwere Nacht bevorstehen würde: „Bei der Wahl 2013 wusste ich erst um 3.22 Uhr, dass ich über die Landesliste in den Bundestag einziehen werde.“ Auf eine solche Mitteilung hoffte er dieses Mal ebenfalls. Wie er Montagmorgen wusste vergeblich.
Die Zahl der Briefwähler, die vor dem gestrigen Wahltag ihre Stimmen abgegeben hatten, hat in Erkelenz, Hückelhoven, Wassenberg und Wegberg einen historisch hohen Wert erreicht. Davon profitierte die Wahlbeteiligung. Sie lag bei 74,9 Prozent im Kreis Heinsberg. In Waldfeucht, Wegberg, Wassenberg, Selfkant, Gangelt und Erkelenz lag sie sogar noch höher. Im Verhältnis zu den vorherigen Bundestagswahlen seit der Wiedervereinigung steht dieser Wert im Mittelfeld.
Nicht die Werte wie auf Bundesebene erreicht die Alternative für Deutschland (AfD) im Kreis Heinsberg. Sie landet bei 8,7 Prozent der Zweitstimmen. Den geringsten Zuspruch fand sie mit 5,1 Prozent in Gangelt und den höchsten mit 11,6 Prozent in Hückelhoven. Die FDP kam auf 11,4 Prozent und schaffte es im Kreis Heinsberg, drittstärkste Kraft zu werden. In Wegberg holte sie dabei sogar 14,1 Prozent der Zweitstimmen, in Übach-Palenberg dafür aber auch nur 9,1 Prozent. Grüne und Linke kamen auf 5,2 beziehungsweise 5,6 Prozent der Stimmen, wobei deren Kandidaten bei den Erststimmen knapp schwächer als ihre Parteien abschnitten. Am stärksten waren die Grünen in Erkelenz (6,2 Prozent) und am schwächsten in Übach-Palenberg (4,1 Prozent), für die Linke waren es Wassenberg (6,7 Prozent) und Selfkant (3,6 Prozent).