22.08.2018
Rheinische Post
Von Angelika Hahn
Effeld Der Kreis Heinsberg, der sich als Naherholungsregion profilieren will, braucht eine gut aufgestellte Gastronomie. Bundestagsabgeordneter Wilfried Oellers suchte bei einer kleinen Rundreise das Gespräch mit Gastronomen
Nein, der Genuss stand nicht im Mittelpunkt, als der Bundestagsabgeordnete Wilfried Oellers jetzt auf einer Gastro-Tour einige Betriebe im Kreisgebiet besuchte, einmal, um Kontakte zu machen, aber natürlich auch, um zu erfahren, wo Gastronomen in der Region der Schuh drückt. Begleitet wurde er dabei von Wolfgang Wahl, Inhaber des Erkelenzer Hotels am Weiher, zugleich Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) im Kreis Heinsberg sowie DEHOGA-Kreisgeschäftsführer Christoph Becker.
Im Restaurant Ohlenforst in Effeld endete die Rundreise mit einem Pressegespräch, bei dem Oellers seine Eindrücke von den Besuchen in Gastronomiebetrieben mit unterschiedlichen Schwerpunkten beschrieb: Mit Haus Hamacher in Gangelt habe er eine typische Ausflugsgaststätte mit viel Tagestourismus kennengelernt, während etwa Haus Lutgen in Waldfeucht den klassischen Restaurantbetrieb mit Zimmervermietung repräsentierte. Wolfgang Wahl hatte zu Beginn in Erkelenz sein Hotel mit Restaurantbetrieb vorgestellt. Bert Ohlenforst erzählte über sein Haus, einem Familienbetrieb bodenständig-gehobener Gastronomie mit 200-jähriger Tradition, der früher den Dorfsaal beherbergte, in dem die Ortsfeste gefeiert wurden.
Ohlenforst, der in Kürze den Betrieb an Sohn Marc weitergeben wird, berichtete von den Erfahrungen mit dem vor vier Jahren gegenüber an der Kreuzstraße eröffneten Appartementhaus als zusätzlichem Angebot, das viele Kurzurlauber aus den Niederlanden anziehe, aber auch – man höre und staune – arabische Gäste, für die das Outletcenter in Roermond eine Attraktion in der Region sei und die es schätzten, im Appartement ihre Speisen individuell zubereiten zu können. Die Ausweitung der Camping- und Tourismusbereiche am Effelder Waldsee spüre die Gastronomie im Ort maßvoll. Ein Problem für Touristen seien allerdings die fehlenden Geschäfte im Ort – ein Manko, das Effeld mit anderen Dörfern teilt. Seine drei Gastro-„Mitbewerber“ in Effeld schätzt Ohlenforst. Die Konkurrenz belebe das Geschäft für alle: „Jeder für sich allein würde nicht das Geschäft machen, das wir hier gemeinsam machen.“
Natürlich wurden auf der Tour Themen angeschnitten, die der Branche Probleme bereiten. Ein Stichwort: Arbeitszeitgesetz. Viele Gastronomiebetriebe, vor allem wenn sie etwa Feiern und Hochzeiten ausrichten, hadern mit der Zehn-Stunden-Arbeitszeitgrenze und den Ruhezeitenregeln pro Tag. „Wir können Gesellschaften nicht um 22 Uhr den Stuhl vor die Tür setzen“, klagen Gastronomen. Ausweg könnte eine Wochenarbeitszeit-Regelung sein, erfuhr Oellers, die einen besseren Ausgleich von Ballungszeiten ermögliche. „Arbeitnehmerschutz ist wichtig“, betonten auch die DEHOGA-Vertreter, „aber es muss eine Regelung sein, die Arbeitgeber handeln können.“ Zudem hoffen die Gastronomen auf das geplante Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz, das den eklatanten Fachkräftemangel in der Branche ausgleichen helfen könnte. Die Integration von Flüchtlingen ist möglich, Wolfgang Wahl etwa hat gute Erfahrungen mit einem Auszubildenden aus Ghana gemacht. Allerdings, so Ohlenforst, verlangten ausländische Mitarbeiter oft sehr viel Engagement vom Arbeitgeber und die Bereitschaft, Sprach- und Kulturbarrieren zu überspringen. Die schnelle Lösung des Fachkräfteproblems sei damit nicht verbunden.
In Sachen 450-Euro-Jobs, auf die viele Betriebe angewiesen sind, fürchten Gastronomen angesichts gestiegener und tendenziell weiter steigender Mindestlohnsätze die „Sozialversicherungsfalle“, auch bei unveränderter Arbeitsstundenzahl. Sie wünschen sich, so erfuhr Wilfried Oellers, eine Anhebung: 500-Euro-Jobs.