28.08.2018
Rheinische Post
Text: Ruth Boehme, Foto: Ruth Klapproth
Heinsberg In der Justizvollzugsanstalt Heinsberg trainiert seit gut zwei Jahren eine Baseballmannschaft. Zum ersten Mal traten die Lago Lions nun zu einem Turnier mit anderen Teams aus Heinsberg und Siegen an.
Als „ein eigentlich ganz normales Spiel“ bezeichneten einige Spieler des Wassenberger Baseballvereins Squirrels das Geschehen – aber eben nur eigentlich: Denn drei Mannschaften kamen zu einem Softballturnier an einem dafür ungewöhnlichem Ort zusammen: der Justizvollzugsanstalt Heinsberg. Zum ersten Mal überhaupt fand ein Wettkampf dieser Art in einem deutschen Gefängnis statt und markiert damit den Anfang eines weit größeren Projekts.
Seit knapp zwei Jahren trainieren die Wassenberg Squirrels eine Gruppe ausgewählter Häftlinge im Baseball und hilft damit ihrer Resozialisierung und der gesellschaftlichen Integration nach der Entlassung. „Uns geht es nicht darum, den Straftätern eine schöne Zeit hinter Gittern zu machen, wir wollen den Sport als Instrument nutzen, das ihnen später hilft, ein anderes soziales Umfeld aufzubauen – das geht über Sportvereine besonders gut“, erklärt der Sportbeamte der JVA, Leif Herfs, die Idee hinter dem Training der Insassen mit den Squirrels. Dass das Konzept aufgeht, hat sich in der Vergangenheit bereits unter Beweis gestellt: Einige ehemals Inhaftierte haben in Baseballvereinen eine neue Heimat gefunden und sind glücklich und dankbar für diese Chance.
Auch bei Mannschaften aus ganz Nordrhein-Westfalen stieß das Projekt auf großes Interesse, so dass im Frühjahr einige Teams zu weiteren Turnieren in die JVA kommen werden. Nach verschiedenen Auszeichnungen für die Arbeit will sich der Wassenberger Verein in den kommenden Jahren auch mit Organisationen in Europa austauschen und internationaler werden. „Wie schon von Anfang an lassen wir uns und allen Beteiligten mit diesem Plan aber Zeit, mehrere Freundschaftsspiele wird es auf jeden Fall geben. Vielleicht kann man sogar Ligaspiele hier stattfinden lassen, auch dafür ist das Turnier heute ein Test“, sagt Trainer und Vorsitzender der Squirrels Peter Dohmen.
Nach dem ganzen Training freut sich die rund zwölfköpfige Gruppe, die sich treffenderweise Lago Lions genannt hat, besonders auf ihr erstes richtiges Spiel gegen andere Mannschaften: Auf dem Rasenplatz zwischen hohen Mauern und Stacheldraht wärmen sich so nicht nur die Lions auf, die noch in Fußballtrikots antreten, sondern sind extra für diesen ersten Wettkampf auch die Siegen Pirates und die Heinsberg Eagels angereist und werfen sich die gelben Bälle zu. Auch wenn das Spiel sich nicht von anderen unterscheidet, gibt es doch eine kleine Regelergänzung wegen der Hubschrauberabwehr über dem Platz: Trifft ein geschlagener Ball die in der Luft hängende Begrenzung, wird der Schlag wiederholt, bei einem geworfenen Ball ist es Pech.
Das besondere Turnier anzusehen, ließen sich auch Bundestagsabgeordneter Wilfried Oellers, Landtagsabgeordneter Thomas Schnelle, der Vorsitzende des Kreissportbundes Heinsberg, Ronnie Goertz, und der Vertreter der Aktion Sterne des Sports, Thomas Back von der Heinsberger Volksbank, nicht nehmen. Die Ehrengäste führten den „First Pitch“ aus und eröffneten mit diesem ersten Wurf des Balls in die Hände der Spieler den sportlichen Tag.
Trotz der tatkräftigen Unterstützung gab es am Ende aber doch keinen Heimsieg: Die Mannschaft aus Siegen, die wie die Wassenberger Squirrels in der Rur-Fun-Liga antritt, holte sich mit 24 zu 11 Runs den Sieg. Einen Pokal erhält am Ende des Tages aber jedes der drei Teams. „Bei diesem Projekt wie auch im Spiel gibt es eben auch keine wahren Verlierer“, fasst Peter Dohmen zusammen.