Der Deutsche Bundestag hat das Sozialkassenverfahrenssicherungsgesetz im Baugewerbe (SOKASiG) in seiner 215. Sitzung beschlossen. Nach den Beschlüssen des Bundesarbeitsgerichtes vom 21.09.2016 zur Unwirksamkeit von Allgemeinverbindlichkeitserklärungen (AVE) von Tarifverträgen im Baugewerbe hat der Gesetzgeber in erster Lesung am 15.12.2016 und am 26.01.2017 in 2. und 3. Lesung mit dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD reagiert.
Aufgrund von formellen Fehlern bei der Verabschiedung der AVE hat das Bundesarbeitsgericht diese AVE rückwirkend für unwirksam erklärt. Einige Verbände und Unternehmer hatten geklagt und Recht bekommen. Dadurch sehen sich die Sozialkassen des Baugewerbes mit massiven Rückforderungsansprüchen sowie einer drohenden Insolvenz konfrontiert. Das Gesetz soll eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Sozialkassenverfahren im Baugewerbe schaffen. Fraktionsübergreifend wurde in der parlamentarischen Beratung in dieser Woche über die Dringlichkeit einer Regelung diskutiert.
Nach vielen Gesprächen mit Verbänden des Bauhaupt- und Baunebengewerbes, wie Elektro-, Tischler- und Sanitärhandwerk, sind mir die Abgrenzungsproblematik zwischen den Branchen sowie der Verdruss, verursacht durch die umstrittenen Praktiken der SOKA-Bau, in vielen Betrieben des Baunebengewerbes unmissverständlich herangetragen worden. Bis zu 40.000 SOKA-Bau-Streitverfahren vor den Arbeitsgerichten in Wiesbaden und Berlin sprechen für sich. Daher haben wir in der CDU/CSU-Arbeitsgruppe für Arbeit und Soziales mit Nachdruck auf die Tarifpartner des Bauhaupt- und Baunebengewerbes eingewirkt, damit eine Vereinbarung zur zukünftigen Zusammenarbeit und Abgrenzung zwischen den Branchen abgeschlossen werden kann.
Es liegt nicht beim Gesetzgeber, eine solche Abgrenzung vorzunehmen. Dies ist die Aufgabe der Tarifpartner selbst. Daher begrüße ich das Zustandekommen einer Verbändevereinbarung. In dieser verpflichten sich die Tarifpartner der Baubranche, die Abgrenzung der Baubranche zu den anderen Branchen nach den Maßstäben von Mitgliedschaft und Fachlichkeit zu definieren. Zudem ist eine neutrale Konsultationsstelle zur Vermeidung von Konflikten vorgesehen worden. Vereinbart wurde zudem, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Frage, ob ein Unternehmen baugewerblich tätig ist, auf der Seite der SOKA-Bau liegt. Darüber hinaus verpflichtet sich die SOKA-Bau bei Inanspruchnahme von Unternehmen eigeninitiativ eine Verbändeabfrage durchzuführen. Die SOKA-Bau verpflichtete sich weiter, die Beschwerdeführer vor dem Bundesarbeitsgericht für die streitgegenständlichen Zeiträume beitragsfrei zu stellen.
Auf unseren Druck hin, hat diese Verbändeerklärung Eingang in das Protokoll der Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (Beschlussempfehlung) gefunden. Ich erwarte, dass diese Inhalte unverzüglich angegangen und zeitnah umgesetzt werden. Der Gesetzgeber wird dies aufmerksam verfolgen und bei Bedarf auch korrigierend eingreifen müssen.
In der Anlage befindet sich der im Ausschuss verabschiedete Text. Darüber hinaus erlaube ich mir, auf meine beiden Reden zu diesem Thema vom 15.12.2016 und 26.01.2017 im Deutschen Bundestag zu verweisen.
Anlage der CDU/CSU zum Ausschuss Arbeit und Soziales
1. Vorgehen SOKA-Bau Die Mehrheit des Ausschusses erkennt an, dass die Sozialkassen im Baugewerbe seit Jahrzehnten eine für die Branche herausgehobene sozialpolitische Funktion erfüllen und den besonderen Bedingungen im Baugewerbe Rechnung tragen. Durch die Allgemeinverbindlichkeit erlangen die Tarifverträge auch für tarifungebundene Beschäftigte und Arbeitgeber Wirkung. Die Sozialkassen der Bauwirtschaft spielen eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit als auch bei dem für die Bundesagentur für Arbeit durchgeführten Einzug der Winterbeschäftigungsumlage. Aus dieser ordnenden Funktion und Tätigkeit der SOKA-Bau kann es bei Betrieben, denen die Geltung der Tarifverträge der SOKA-Bau nicht bewusst ist, zu Beitragsnachforderungen kommen. Die Mehrheit des Ausschusses geht davon aus, dass SOKA-Bau bei auftretenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten für die Betriebe eine für alle Seiten akzeptable Lösung findet. Hierbei ist auch zu begrüßen, dass SOKA-Bau im November 2016 eine Härtefallregelung für kleine Betriebe getroffen hat und für die Zukunft ein Beschwerdemanagement einrichten wird.
2. Verbändevereinbarung
Die Mehrheit des Ausschusses begrüßt, dass die Tarifvertragsparteien im Bauhaupt- und Baunebengewerbe die seit vielen Jahren umstrittene Abgrenzung der fachlichen tariflichen Zuständigkeiten überprüfen. Die Bautarifvertragsparteien haben sich verpflichtet, beim nächsten Allgemeinverbindlicherklärungsverfahren eine Abgrenzung entlang der Kriterien Mitgliedschaft und Fachlichkeit vorzunehmen. Die Mehrheit des Ausschusses geht davon aus, dass damit die Abgrenzungsschwierigkeiten künftig weitestgehend ausgeräumt werden können.
Die Mehrheit des Ausschusses fordert die Verbände auf, das vereinbarte Konsultationsverfahren in Konfliktfällen über eine Einbeziehung in das Sozialkassenverfahren zeitnah auszugestalten. Die Einigkeit der Verbände, dass SOKA-Bau künftig die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass in einem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet werden, wird begrüßt.
3. Beitragsfreistellung
Die Mehrheit des Ausschusses geht davon aus, dass SOKA-BAU die Beschwerdeführer vor dem Bundesarbeitsgericht (Beschwerdeverfahren 10 ABR 33/15 und 10 ABR 48/15) von allen Beitragsansprüchen in der Zeit vom Oktober 2007 bis Dezember 2014, soweit diese streitbefangen sind, freistellt.
4. Verfall
Die Mehrheit des Ausschusses stellt fest, dass gemäß der entsprechenden Verfallsregelung im jeweiligen Verfahrenstarifvertrag (Anlage 26 zu § 7 Soka- SiG) die Ansprüche der zuständigen Kasse gegen den Arbeitgeber verfallen, wenn sie nicht innerhalb von vier Jahren seit Fälligkeit geltend gemacht worden sind. Für den Beginn der Frist gilt § 199 BGB entsprechend. Der Verfall wird auch gehemmt, wenn die Ansprüche rechtzeitig bei Gericht anhängig gemacht wurden. Die Verfallfristen gelten nicht für Ansprüche aus unerlaubter Handlung. Dadurch wird klargestellt, dass Ansprüche der Sozialkassen des Baugewerbes – außer Ansprüche aus unerlaubter Handlung – innerhalb von vier Jahren nach Eintritt der Fälligkeit verfallen. Der Beginn der Frist richtet sich nach § 199 BGB. Damit gehen die Ansprüche nach Ablauf der Vier-Jahres-Frist unter, soweit sie nicht bis dahin geltend gemacht worden sind. Rechtlich bewirkt die Regelung, dass die Ansprüche nach Ablauf der Frist nicht mehr existent sind. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sich der Schuldner auf den Verfall beruft.
5. Umsetzung
Die Mehrheit des Ausschusses geht davon aus, dass diese Inhalte in diesem Jahr angegangen und zügig abgeschlossen werden.
6. Verjährung / Zinsen
Die Tarifvertragsparteien des Bauhauptgewerbes werden dazu aufgefordert, die Verjährungsfrist den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen auf 3 Jahre und die Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB anzupassen.