Sterbehilfe darf kein Geschäftsmodell werden – Palliativ- und Hospizversorgung verbessert
In den letzten 12 Monaten hat es eine breite öffentliche Diskussion über den gesetzlichen Umgang mit Sterben und Tod stattgefunden. Mit dem Votum setzte der Bundestag einen vorläufigen Schlusspunkt unter die knapp einjährige, leidenschaftlich geführte parlamentarische Debatte zum assistierten Suizid.
Das Thema der Sterbebegleitung und Sterbehilfe berührt uns als eines der schwierigsten und sensibelsten Themen in sehr intensiver Art und Weise. Dies habe ich auch in den drei Veranstaltungen, die ich im Kreis Heinsberg hierzu durchgeführt habe, erleben dürfen. Die Diskussionen mit den Diskutanten auf dem Podium, aber insbesondere mit den Bürgerinnen und Bürgern, waren für meine eigene Entscheidungsfindung, welchen der vier Gesetzesentwürfe ich letztendlich unterstützen werde, sehr wichtig und hilfreich. Besonders hat es mich gefreut, dass so viele interessierte Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit zum Austausch wahrgenommen haben und ich mit Michael Brand und Patrick Sensburg gleich zwei Kollegen für diese Veranstaltungen gewinnen konnte, die federführend an den Gesetzesentwürfen beteiligt waren.
Neben der Entscheidung über eine Neuregelung der Sterbebegleitung war auch die Palliativ- und Hospizversorgung bedeutend zu stärken.
Sterben ist Bestandteil eines jeden Lebens. Viele Menschen haben das Glück, nach vielen erfüllten Lebensjahren friedlich einschlafen zu können, ohne Krankheiten und Qualen zu erleiden. Doch gerade für jene, die in ihrem Leben schwer erkranken, muss es eine Gewissheit geben, dass sie in der letzten Phase ihres Daseins nicht allein und in jeder Hinsicht gut begleitet sind. Jeder Mensch soll in Würde sterben können. Das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung, dass nun verabschiedet worden ist, will dies ermöglichen. Egal, wo ein Mensch seine letzte Lebensphase verbringt, in seinem eigenen Zuhause, in einem Hospiz, einer Pflegeeinrichtung oder einem Krankenhaus: In dieser schweren Zeit muss jeder Mensch die Unterstützung bekommen, die er oder sie wünscht und benötigt. Das Gesetz will dabei helfen.
Gerade für Menschen, die in Krankenhäusern die letzten Tage oder Wochen ihres Lebens verbringen, gab es noch deutlichen Nachbesserungsbedarf. Jährlich sterben etwa 400.000 Menschen in Kliniken, aber nur 15 Prozent dieser Häuser haben auch eine Palliativstation. Damit mehr Patienten von einer spezialisierten Palliativversorgung profitieren, wird Krankenhäusern über ein Zusatzentgelt die Möglichkeit eröffnet, multiprofessionelle Palliativdienste bereitzustellen. Mit diesen Diensten können auch in solchen Krankenhäusern Patienten palliativ betreut werden, in denen keine Palliativstation vorhanden ist. Kleine Häuser können den Dienst über Kooperationen organisieren. Da Sterbebegleitung zur Pflege in der letzten Lebensphase dazu gehört, wird sie als Bestandteil des Versorgungsauftrages der sozialen Pflegeversicherung ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen.
Aber auch jene Schwerstkranke, die auf ambulante Hospizdienste angewiesen sind, werden von diesem Gesetz profitieren, denn die Krankenkassen beteiligen sich künftig nicht nur an den Personal-, sondern auch an den Sachkosten. Im Rahmen der häuslichen Krankenpflege haben die Versicherten nun einen Anspruch auf ambulante Palliativversorgung. Wichtig ist auch, dass die Qualität der Hospiz- und Palliativversorgung gesichert ist und weiter ausgebaut wird.
Neben der Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung wurde über die Gruppenentwürfe zur Sterbebegleitung abgestimmt. Es gab vier verschiedene fraktionsübergreifende Entwürfe. Einig waren sich alle das richtigerweise die kommerzielle Sterbehilfe verboten bleibt, doch unterschieden sie sich dennoch grundlegend.
Der Entwurf der Gruppe um Renate Künast wollte ausdrücklich gesetzlich festschreiben, dass die Beihilfe zum Suizid nicht strafbar ist. Diese Abgeordneten wollten Sterbehilfe-Vereine ohne Gewinnabsicht erlauben.
Der Lauterbach/Hintze-Entwurf sprach sich für die Festschreibung der ärztlichen Suizidassistenz aus. Es war der einzige Gesetzesentwurf, der keine strafrechtlichen Auflagen vorsah.
Beide Entwürfe stellten auf die Freiwilligkeit des Hilfesuchenden ab, sterben zu wollen.
Die strengste Regelung war der Entwurf der Abgeordneten Sensburg/Dörflinger. Er sah ein Verbot der Beihilfe zum Suizid vor.
Der vierte Entwurf, der federführend von einer Gruppe um den Kollegen Michael Brand (CDU) eingebracht worden war, erhielt die Mehrheit im Parlament. Dieser Entwurf, der nun Bundesgesetz wird, will die geltenden Regelungen – also Straffreiheit bei Beihilfe zum Suizid – nicht ändern. Er wendet sich lediglich gegen die „geschäftsmäßige Sterbehilfe“. Dies bedeutet ein „auf Wiederholung angelegtes, organisiertes Handeln“. Sterbehilfe von Vereinen oder Personen ist nun verboten, die nicht nur in einem Einzelfall, sondern gewollt und planmäßig wiederholt Sterbehilfe leisten – unabhängig davon, ob sie damit Geld verdienen oder nicht. Einzelfallentscheidungen von Ärzten, die Hilfe zum Suizid leisten, bleiben aber straffrei.
Ich habe für den Gesetzesentwurf des Kollegen Michel Brand gestimmt. Er unterbindet meiner Meinung nach richtigerweise die geschäftsmäßige Sterbehilfe. Den freien Willen als Abgrenzungskriterium zu verwenden, wie Ihn die Gesetzesentwürfe von Hintze und Künast vorsahen, halte ich für äußerst problematisch, da so Missbrauch möglich wird. Da auch der Schmerz den Willen beeinflussen kann, bezweifle ich, dass eine tatsächliche freie Willensentscheidung in solchen Situationen möglich ist. Das hohe Gut des Lebens ist zu schützen. Daher darf Missbrauch nicht durch unklare gesetzliche Regelungen ermöglicht werden. Die Menschen sollte man begleiten und Schmerzen lindern. Daher sind die Palliativstationen und Hospizeinrichtungen, wie wir es in dem oben beschriebenen Gesetzentwurf richtigerweise verabschiedet haben, zu fördern.