In der heutigen Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales stellte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Anette Widmann-Mauz den 12. Integrationsbericht vor. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz haben wir einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Es ist das klare Bekenntnis: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Dieses Bekenntnis unterstützt der neue Bericht. Er zeigt: Vielfalt ist Realität in Deutschland. Sie ist eine Chance, aber auch anstrengend. Sie muss gestaltet und geordnet werden, dann stärkt sie unsere Wirtschaft, unser Miteinander und unser Land.
Der Bericht umfasst den Zeitraum August 2016 bis April 2019. Er beschreibt die wichtigsten Entwicklungen und Erkenntnisse über Migration und Integration in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen. Und er zeigt auf, wo nach Einschätzung der Beauftragten Handlungsbedarf besteht. Der Bericht ist Auftrag aus dem Aufenthaltsgesetz und wird dem Deutschen Bundestag vorgelegt.
Die Schwerpunkte:
1. Integration von Anfang an: eine Investition in die Zukunft.
Der Bund hat bereits wichtige Weichen gestellt: Zum Beispiel mit dem Gute-Kita-Gesetz und dem Programm „Schule macht stark“. Trotz beträchtlicher Anstrengungen in Bildungspraxis und -politik besteht der enge Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg in Deutschland jedoch fort. Sprache und Bildung sind entscheidend für die Zukunftschancen der Kinder. Daher fordert die Beauftragte deutschlandweit verpflichtende Sprachtests für alle Kinder und bessere Sprachförderung schon vor der Schule.
2. Integration in Ausbildung und Arbeit: Potenziale nutzen.
Die gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt ist entscheidend für eine gelingende Integration. Gleichzeitig leisten Migrantinnen und Migranten einen großen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung. Der aktuelle Rekord bei Deutschlands Erwerbstätigenzahl geht maßgeblich auf ausländische Beschäftigte zurück. Ihr Anteil bei neu geschaffenen Arbeitsplätzen liegt bei 56 %. Auch die Zahl der Personen aus den Asyl-Hauptherkunftsländern mit einem Job entwickelt sich positiv (431.000, davon 357.000 sozialversicherungspflichtig). Aber zwei Drittel von ihnen sind noch im Niedriglohnsektor beschäftigt. Um die Arbeitsmarktintegration weiter zu verbessern, hat die Bundesregierung 2019 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und das Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz auf den Weg gebracht.
3. Integration ist weiblich: Frauen brauchen noch mehr Unterstützung.
Frauen mit Einwanderungsgeschichte haben es auf dem Arbeitsmarkt häufig schwerer als Männer und nehmen seltener an Integrationsangeboten teil. So liegt beispielsweise die Erwerbstätigenquote von deutschen Frauen im Alter von 30 bis 49 Jahren mit Fachhochschulabschluss bei 90,3 %, von ausländischen Frauen mit gleicher Qualifikation bei 64,9 %. Das hängt u.a. mit unterschiedlichen Bildungsniveaus und den Schwierigkeiten der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse zusammen, aber auch Geschlechterrollen sind von Relevanz. Daher brauchen Frauen noch mehr Unterstützung. Zum Beispiel durch passgenaue Kinderbetreuung, gezielte Beratung und Unterstützungsangebote. Die Beauftragte kooperiert mit der Bundesagentur für Arbeit, um besonders Frauen mit Einwanderungsgeschichte auf dem Arbeitsmarkt zu stärken.
4. Mit Prävention, klarer Haltung und null Toleranz jede Art von Extremismus bekämpfen.
Nach Halle und dem Mord an Walter Lübcke muss klar sein: Rechtsextremismus, Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit sind eine reale Gefahr, die konsequent und nachhaltig bekämpft werden muss. Das gilt genauso weiterhin für den islamistischen Extremismus. Eine freie und sichere Gesellschaft muss allen Menschen garantieren, dass sie ohne Angst leben und verschieden sein können. Deshalb muss der Staat auch entschieden gegen Hasskriminalität vorgehen. Hierfür ist das Maßnahmenpaket der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität ein wichtiger Schritt. Die Bekämpfung von jeder Art von Extremismus und jeder Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit bleibt eine Daueraufgabe auf allen staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen.
5. Kein „Wir“ und „Ihr“ mehr: Vielfalt ist Realität und Normalität.
Jede vierte Person in Deutschland hat einen Migrationshintergrund
(20,8 Mio., das sind 25,5 % der Bevölkerung; Mikrozensus, Statistisches Bundesamt). 2018 waren 52 % der Bevölkerung mit Migrationshintergrund Deutsche, 48 % Ausländerinnen und Ausländer. Das Konzept „Migrationshintergrund“ bildet die Realität nicht mehr ausreichend ab. Zum einen fühlen sich Personen, deren Eltern oder Großeltern eingewandert sind, genauso „deutsch“. Zum anderen wird die Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund immer heterogener. Deshalb setzt sich die Fachkommission der Bundesregierung zur Integrationsfähigkeit auch mit diesem Konzept auseinander.
Die Einwanderung nach Deutschland ist im Berichtszeitraum gesunken. 2018 sind 1,6 Millionen Menschen zu uns gekommen, 300.000 weniger als noch 2016. Mit 53 % kam ein Großteil der Eingewanderten aus der EU. Auch die Zahl der Asylanträge ist deutlich zurückgegangen. Von 745.545 Asylanträgen (Erst- und Folgeanträge) 2016 auf 141.889 in den ersten zehn Monaten 2019.
Weitere Daten und Fakten finden Sie in der Zusammenfassung des Berichtes und im ausführlich im Lagebericht.