Auch in dieser Plenarwoche standen wieder wichtige Entscheidungen und Beratungen an. Sei es der Brexit, der den Blick in dieser Woche intensiv jenseits der Themse nach England lenkte und äußerst turbulente Tage im englischen Unterhaus erahnen ließ, sei es die Beratung über das Thema Organspende, oder die Einstufung bestimmter Herkunftsstaaten als sicher.
Zuvor allerdings gab es eine Feierstunde anlässlich der Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren. Am 30. November 1918 trat in Deutschland das allgemeine aktive und passive Wahlrecht für Frauen in Kraft. Aus heutiger Sicht ist völlig unverständlich, weshalb dies erst so spät geschah. Trotz Wahlrecht sind die Frauen im Parlament unterrepräsentiert. Dies muss sich ändern, auch in der Union. Wir haben eine Parteichefin und eine Bundeskanzlerin, aber zu wenige weibliche Abgeordnete. Dies müssen wir auf allen politischen Ebenen ändern und Frauen stärker aktiv zum politischen Engagement in der CDU ermuntern.
Gesetz zur Einstufung Georgiens, der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten.
Der Deutsche Bundestag hat Georgien, Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft. Es ist schon der zweite Anlauf der großen Koalition. Bereits im Jahr 2017 hatte der Bundestag diese Einordnung der Maghreb-Staaten beschlossen. Das Gesetz konnte damals jedoch im Bundesrat wegen der Ablehnung durch die Grünen nicht beschlossen werden.
Mit der Einstufung zu sicheren Herkunftsländern kann beispielweise ein Asylantrag schneller und unkomplizierter bearbeitet werden. Auch die rechtliche Handhabung von Abschiebungen wird einfacher und schneller. So hat beispielsweise die Einstufung der Westbalkan-Staaten in den Jahren 2015 ganz wesentlich dazu beigetragen, dass die Zahl der Asylsuchenden aus diesen Staaten zurückgegangen ist. Damit können wir unsere Anstrengungen besser auf die Menschen konzentrieren, die tatsächlich verfolgt und hilfsbedürftig sind.
Marokkaner, Tunesier, Algerier und Georgier kommen nach den Prüfungen durch das BAMF fast ausschließlich aus asylfremden Gründen nach Deutschland. Nur sehr wenige können im Asylverfahren einen Schutzbedarf nachweisen – etwa aus politischen oder religiösen Gründen. Selbstverständlich wird auch bei einem Asylbewerber aus einem sicheren Herkunftsstaat der Asylantrag individuell geprüft. Die Schutzmöglichkeiten des Einzelnen werden nicht verringert, ein Anspruch auf Asyl bei nachgewiesener politischer Verfolgung besteht weiterhin. Bei sicheren Herkunftsstaaten wird zwar kraft Gesetzes vermutet, dass der Antragsteller aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird. Diese Vermutung kann jedoch durch den Antragsteller im Rahmen seines Asylverfahrens durch entsprechende Nachweise widerlegt werden.
Da Staatsangehörige sicherer Herkunftsstaaten u.a. von der sogenannten 3+2-Regelung ausgenommen sind, sieht der Gesetzentwurf für bis zum Tag des Kabinettbeschlusses bestehende Ausbildungsverhältnisse eine Bestandsschutzregelung vor. Dies hilft vor allem den kleinen und mittelständischen Betrieben, die in ihren Gewerken nur noch sehr schwer Fachkräfte oder Auszubildende finden.
Koalitions-Antrag „Gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken – Gutes Leben und Arbeiten auf dem Land gewährleisten“
Der Deutsche Bundestag hat in dieser Woche auch über den Koalitions-Antrag „Gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken – Gutes Leben und Arbeiten auf dem Land gewährleisten“ debattiert. Kraft, Vorteile und Fähigkeiten des ländlichen Raumes kommen bislang nicht genügend zur Geltung. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion möchte mit dem Antrag ein Zeichen für die Ländlichen Regionen, für unsere Bauern und für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land setzen.
Der ländliche Raum, in dem mehr als die Hälfte der Bevölkerung wohnt, ist kein Anhängsel der Ballungszentren und Städte, sondern das Fundament, auf dem der Mittelstand steht. Es ist die Heimat des Ehrenamtes. Dennoch sind gewisse Benachteiligungen spürbar. Der Fokus muss deutlich auf der weiteren Förderung des Mittelstandes liegen, denn die Stärke der Wirtschaft entscheidet mitunter über Wohl und Wehe einer Region.
Der Antrag ist eine wichtige Initiative die ländlichen Regionen in den Fokus der Politik zu rücken. Der Antrag ist Ermächtigung und Aufforderung an die Bundesregierung zugleich. Denn es warten noch viele Herausforderungen für den ländlichen Raum, damit wir das Potenzial dieser Regionen auch nachhaltig entfalten können – dafür will die Union die Rahmenbedingungen schaffen.
Im Bundeshaushalt 2019 haben wir die finanziellen Mittel des Sonderrahmenplans zur Förderung der ländlichen Entwicklung innerhalb der GAK (Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes) auf 150 Millionen Euro erhöht und das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung (BULE) von 55 auf 70 Millionen Euro aufgestockt.
Ein zentraler Baustein des gesellschaftlichen Zusammenhalts auf dem Land ist das ehrenamtliche Engagement. Ohne den Einsatz der mehr als 30 Millionen Frauen und Männer wäre die Daseinsvorsorge auf dem Land nicht möglich. Besonders hier engagieren sich viele freiwillig in der Feuerwehr, beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) oder beim Technischen Hilfswerk (THW), welche im Notfall für schnelle Hilfe Sorgen. Auch das aktive Vereins- und Gemeindeleben stärkt die Attraktivität des dörflichen Lebens.
Zukünftig soll das Ehrenamt von der Bürokratie entlastet und nachhaltig gestärkt werden, in dem digitale Möglichkeiten zur Verwaltung und Nachwuchsgewinnung ausgeschöpft und unterstützt werden. Für die dafür notwendige digitale Infrastruktur fordern wir, die Vereinbarung, wonach 99 Prozent der Haushalte mit LTE-Netz bis 2020 zu versorgen sind, eingehalten wird.
Die Digitalisierung und Zukunftstechnologien werden eine verlässliche Versorgung auch auf dem Land ermöglichen. Dafür benötigt es aber eine gute Infrastruktur mit Breitband und einem flächendeckenden Internet, möglichst auf 5G-Standard. Nur so können wir die Potenziale einer vernetzten Landtechnik ‚Made in Germany‘ nutzen, um damit Präzisionslandwirtschaft 4.0 zu betreiben.
Gemeinsame Initiative von Bund und Ländern zur Förderung von Schulen in benachteiligten sozialen Lagen und mit besonderen Aufgaben der Integration
In einem Entschließungsantrag haben CDU und SPD gemäß der Vereinbarung im Koalitionsvertrag die Bundesregierung aufgefordert, gemeinsam mit den Ländern ein Programm zur Unterstützung von Schulen in benachteiligten sozialen Lagen und mit besonderen Integrationsaufgaben zu realisieren. Vorbild soll dabei die bereits existierende Initiative „Leistung macht Schule“ sein. Bundesweit werden zunächst bis zu 300 Schulen ausgewählt und bei der Entwicklung guter Konzepte für mehr Bildungsgerechtigkeit modellhaft unterstützt. In der zweiten Phase der Initiative werden Wissenschaftler die mit den Schulen entwickelten Konzepte, Maßnahmen und Materialien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit evaluieren. Die Ergebnisse werden dann weiteren Schulen in ganz Deutschland zur Verfügung gestellt. Die Leistungen des Bundes in Höhe von insgesamt 125 Mio. Euro für 10 Jahre umfassen entsprechend der verfassungsmäßigen Zuständigkeit die Bereiche der Begleitforschung und Evaluierung.
Zweites Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende.
Wir haben einen Gesetzentwurf, der eine Verbesserung der Voraussetzungen für die Organspende bewirken soll im Bundestag anberaten und an die Ausschüsse überwiesen. Die CDU/CSU-Fraktion will bundeseinheitliche Freistellungsregelungen für Transplantationsbeauftragte in Kliniken und neue Vergütungsregelung für Entnahmekrankenhäuser erreichen. Die Position von Transplantationsbeauftragten wird ausgebaut, indem diese Spezialisten künftig Zugang zu den Intensivstationen und alle erforderlichen Informationen zur Auswertung des Spenderpotentials erhalten sollen. Weiterhin soll flächendeckend ein neurochirurgischer und neurologischer Rufbereitschaftsdienst bereitgestellt oder die Einrichtung einer Qualitätssicherung in den Entnahmekrankenhäusern eingeführt werden. Diese Verbesserungen sollen dazu beitragen, dass bestmögliche Voraussetzungen für die Gewinnung und Verwendung von Spenderorganen geschaffen werden. Dieses Gesetz regelt nicht die Widerspruchs- oder die Einwilligungslösung, wo es um die Frage für jeden Einzelnen geht, ob er einer Organspende aktiv zustimmen muss oder nicht. Allerdings trägt es mit dazu bei, dass die Rahmenbedingungen für eine Organspende bzw. die Gewinnung und Behandlung eines Spenderorgans verbessert und angepasst werden. Bemerkenswert ist, dass sich erstmals seit dem Jahr 2010 die Zahlen zu den Organspenden in Deutschland wieder deutlich positiv entwickelt haben. Bundesweit haben 955 Menschen nach ihrem Tod ihre Organe für schwerkranke Patienten gespendet. Das entspricht 11,5 Spendern pro eine Million Einwohner, was im Vergleich zum Vorjahr (797 Spender) einer Steigerung von knapp 20 % gleichkommt. Von diesen Spendern konnten 3.113 Organe durch die internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant erfolgreich an Patienten auf den Wartelisten vermittelt werden, darunter 1.607 Nieren, 295 Herzen, 779 Lebern, 338 Lungen und 91 Bauchspeicheldrüsen. Jeder Spender hat somit im Durchschnitt drei schwerkranken Patienten eine neue Lebenschance geschenkt. Gleichzeitig konnten 3.264 Organe verstorbener Spender in deutschen Kliniken transplantiert werden. Aktuell stehen in Deutschland rund 9.400 Patienten auf den Wartelisten. (Quelle: Deutsche Stiftung Organtransplantation)
Dieses Thema liegt uns als Fraktion sehr am Herzen, denn bislang ist die Versorgung mit Spenderorganen in Deutschland erschreckend niedrig. Die Sensibilisierung der Bevölkerung für dieses Thema ist nur der erste Schritt. Was nun folgen muss, ist eine intensive Debatte über die Ethik der geplanten Widerspruchslösung. Gerade als christlicher Partei muss es der CDU ein Anliegen sein, das Für und Wider sehr sorgsam abzuwägen.
Gesetz für den Übergangszeitraum nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (Brexit-Übergangsgesetz).
Mit einem Gesetz hat der Bundestag mit einer Reihe von Maßnahmen Vorsorge für den Fall, dass es zu einem geordneten Brexit und einer Übergangsphase bis zum endgültigen Austritt Großbritanniens kommt, getroffen. Ein geordneter Brexit scheint nach dem Scheitern des ausgehandelten Brexit-Deals allerdings in weite Ferne gerückt. Obwohl der ungeordnete Brexit wohl die schlechteste aller Möglichkeiten wäre, trifft die Bundesregierung alle möglichen Vorkehrungen, um die negativen Folgen eines harten Brexits zu minimieren.
Aus meiner Sicht gäbe es in der verfahrenen Situation aber noch einen weiteren gangbaren Weg, um den ungeordnete „harten“ Brexit Ende März 2019 zu vermeiden. Die Regierung in London könnte die einseitig erklärte Austrittsabsicht gegenüber der EU widerrufen.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 10.12.2018 das Bestehen dieser Möglichkeit ausdrücklich bestätigt. Dieses Verfahren ermöglicht allen Parteien, ohne Gesichtsverlust Druck aus dem Prozess zu nehmen.
Eine Rücknahme des Antrags nach Art. 50 wäre keine Brexit-Kapitulation, da der Austritts-Prozess jederzeit durch einen neuen Antrag der britischen Regierung erneut gestartet werden könnte. Man würde Zeit gewinnen, damit sich das britische Parlament darüber klarwerden kann, was es denn nun will.
Man hätte Zeit, um einen Austritt sorgfältig vorzubereiten und zugleich das Ergebnis des Referendums zu respektieren. Es wäre aber auch ausreichend Zeit, um ein weiteres Referendum zu starten. Befürworter und Gegner des Brexit könnten mit einem solchen Verfahren zunächst leben, auch wenn das hieße, dass das Vereinigte Königreich vorerst in der EU bleiben würde. Das aber wäre für alle Seiten besser als ein ungeordneter Brexit mit milliardenschweren Folgeschäden.